Wettbewerbsbehinderungen

Brüssel ermittelt gegen Hersteller

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Die EU-Kommission nimmt erstmals im großen Stil große Pharmakonzerne wegen vermuteter Wettbewerbsbehinderungen ins Visier. EU-Ermittler durchsuchten dazu in mehreren Mitgliedstaaten Geschäftsräume. Darunter waren der französische Pharmakonzern Sanofi-Aventis und der weltweite Branchenzweite GlaxoSmithKline. Auch AstraZeneca wurde nach eigenen Aussagen kontaktiert. Bayer sowie der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA sind dagegen nach Firmenangaben bislang nicht von Untersuchungen betroffen.

Die Kommission moniert Fehlentwicklungen auf dem Pharmamarkt. Demnach werden immer weniger neue Arzneimittel eingeführt. Generika kommen laut Kommission teilweise verzögert auf den Markt. Als erster betroffener Generikahersteller ging Sandoz, die Tochter des schweizerischen Pharmakonzerns Novartis, aus der Deckung. Die Büros am Standort Holzkirchen seien gestern von Ermittlern der Kommission durchsucht worden; der Schwerpunkt der Untersuchungen habe auf dem Marktzutritt von Generika gelegen. Sandoz erklärte, vollständig mit der Kommission zu kooperieren.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes startete parallel eine Untersuchung der gesamten Pharmabranche, erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Kroes interessiert sich besonders für die brancheninterne Beilegung von Patentstreitigkeiten und mögliche Barrieren gegen die Einführung von preisgünstigen Generika-Produkten. "Falls innovative Produkte nicht hergestellt und falls billigere Generika-Alternativen zu bereits existierenden Arzneimitteln verzögert werden, dann müssen wir den Grund dafür finden und notfalls einschreiten."

Die Kommission kann förmliche Kartell- oder Missbrauchsverfahren gegen die Hersteller eröffnen, bei denen Bußgelder von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes drohen. Kroes schränkte dazu ein, dass ihr bisher keine konkreten Hinweise auf Verstöße einzelner Unternehmen vorliegen. Sie nannte deshalb keine Firmen-Namen. Nach ergänzenden Angaben liegen der EU-Behörde förmliche Beschwerden von Marktteilnehmern vor.

In den USA waren in der Vergangenheit Fälle bekannt geworden, in denen Generikahersteller nach einer Einigung mit dem jeweiligen Originalhersteller Zulassungsanträge für neue Generika zurückgezogen hatten. So war die kanadische Apotex von ihren Plänen, ein Plavix-Generikum auf den Markt zu bringen, nach einer Verhandlungen mit Sanofi-Aventis und Bristol-Myers Squibb abgekommen. 2006 kritisierten US-Wettbewerbshüter in einem Bericht illegale Absprachen zwischen Original- und Generikaherstellern angeprangert. Für entsprechende Unterlassungserklärungen würden Prämien gezahlt, so die Gutachter.

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