Kommentar

PiDaNa und das Gewissen

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Berlin -

Jedes Jahr zum Weltfrauentag das gleiche Bild: Aktivistinnen beschmieren oder beschädigen die Undine-Apotheke in Berlin-Neukölln. Denn Apotheker Andreas Kersten verweigert aus religiöser Überzeugung die Abgabe der „Pille danach“. Die rechtlich wie ethisch schwierige Frage, ob er das darf, spaltet auch den Berufsstand.

Der Verweis auf das Apothekengesetz oder die Berufsordnung hilft nur bedingt. Dafür gibt es in der Geschichte zu viele unrühmliche Beispiele, bei denen Menschen ihr Gewissen mit Verweis auf geltendes Recht ausgeschaltet oder beruhigt haben. Das Vertrauen auf die Verfassung und eine demokratische Gesetzgebung sollte für den Einzelnen nie zum moralischen Freibrief werden.

Apotheker genießen jedoch gewisse Privilegien, weil sie vom Staat mit einer hoheitlichen Aufgabe betreut sind: Sie müssen die Bevölkerung sicher mit Arzneimitteln versorgen. Wenn sie dieses Versprechen nicht einhalten, gefährden sie letztlich auch die Apothekenpflicht.

Der Staat verlässt sich auf die flächendeckende Versorgung, und die Bevölkerung tut es auch. Gerade bei der Pille danach kann man von keiner Frau erwarten, in dieser Notsituation mehrere Apotheken abzuklappern. Aber eigentlich kann man das nie von irgendjemandem erwarten. Die Festpreise für Rx-Arzneimitteln werden mit demselben Argument gegen alle Angriffe verteidigt.

Die Freiheit auf religiöse Überzeugung ist immer garantiert, so lange sie den Apotheker selbst betrifft. Dieses Schutzgebiet wird bei der Abgabe von Arzneimitteln aber zwangsläufig verlassen.

Das Unterlassen der Abgabe ist unstreitig ein aktiver Eingriff in die Freiheitsrechte Dritter, den das System auf Dauer nicht aushalten könnte. Entsprechend kontrovers wurde vor einem Jahr die Abweisung einer mutmaßlich vergewaltigten jungen Frau in zwei katholischen Kliniken in Köln diskutiert; am Ende lenkte sogar die Kirche ein.

Die Berufspflicht legt der Gewissensfreiheit auch an anderer Stelle Fesseln an: Ein gläubiger Apotheker, der den Feiertag ehrt, würde sehr schnell Probleme bekommen, wenn er sonntags keinen Notdienst leistet. Weil viele solcher Konstellationen denkbar sind, hilft vermutlich nur ein glatter Schnitt: Apotheker sollten die Abgabe nur verweigern, wenn sie pharmazeutische Bedenken haben.

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