Kassenabschlag

Kassen lassen Steuerberater abblitzen

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Berlin -

Weil viele Krankenkassen bei der Rückabwicklung des Kassenabschlags für 2009 getrödelt haben, will die Steuerberatergesellschaft Apo-Audit neue Forderungen an die Kassen stellen. Der GKV-Spitzenverband weist das zurück und beruft sich auf die laufenden Verfahren gegen den Schiedsspruch: „Wir halten das für den Versuch, den Krankenkassen Geld aus der Tasche zu ziehen“, sagte ein Sprecher des Kassenverbands gegenüber APOTHEKE ADHOC.

 

Das Argument von Apo-Audit mit Rechtsanwalt Dr. Bernhard Bellinger an der Spitze: Nach der Absenkung des Kassenabschlags durch die Schiedsstelle im Jahr 2009 hätten die Kassen die Differenz von 55 Cent pro Rx-Arzneimittel sofort zahlen müssen, da die sofortige Vollziehung gerichtlich angeordnet worden war. Die Frist von zehn Tagen sei jedoch in vielen Fällen überschritten worden.

Die Kassen hätten demnach keinen Anspruch auf den Abschlag. Nach Hochrechnungen aus einem Pilotfall geht es um Rückzahlungen in Höhe von rund 10.000 Euro pro Apotheke. Notfalls wollen die Steuerberater gegen die Kassen vor Gericht ziehen.

Beim GKV-Spitzenverband bleibt man gelassen: „Diese Forderung der Steuerberater weisen wir zurück. Sie haben die Prämisse, dass die Schiedsamtsentscheidung für 2009 gilt. Diese ist jedoch vom Sozialgericht Berlin aufgehoben worden. Damit stimmt deren Prämisse nicht.“

 

 

Tatsächlich hat das Sozialgericht Berlin den Schiedsspruch im Hauptsacheverfahren aufgehoben. Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die Sache liegt beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG). „Man sollte jetzt zunächst die endgültige Rechtsklärung abwarten und dann vernünftig sortieren, wer gegen wen Ansprüche hat“, so der Sprecher des GKV-Spitzenverbands.

Bellinger beruft sich dagegen auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg zum Abschlag 2009 im Eilverfahren: Demnach waren die Ansprüche der Apotheken aus dem Schiedsspruch sofort vollziehbar. „Dieser Beschluss ist rechtskräftig, da ja gegen ihn eine Revision nicht zulässig ist“, so Bellinger.

Grundlage der Argumentation des Steuerberaters ist eine Entscheidung des LSG Hamburg: Demnach haben die Kassen keinen Anspruch auf den Abschlag, wenn sie ihre Rechnung nicht pünktlich bezahlen. Dies gilt aber nur für die nicht fristgerecht bezahlten Teile einer Rechnung.

 

 

Bellinger bezieht dies auf die Absenkung des Abschlags von 2,30 auf 1,75 Euro: „Der Differenzbetrag in Höhe von 55 Cent wurde von einigen namhaften Krankenkassen nicht innerhalb der Zehntagesfrist an die Rechenzentren gezahlt, so dass der Rabatt auch in dieser Höhe und nicht etwa in der kompletten Höhe von 1,75 Euro entfällt.“ Somit müssten diese Kassen erneut 55 Cent pro verordnetem Arzneimittel an die Apotheken zahlen. In dieser Woche sollen die ersten Forderungen an Krankenkassen gehen.

Kollegen warnen jedoch vor allzu großen Erwartungen: Achim Günter von der Kanzlei Hönig & Partner findet den Bezug zum Urteil des LSG Hamburg problematisch. In diesem Verfahren sei es um unberechtigte Retaxationen gegangen, ein Vergleich mit der verspäteten Rückzahlung der Kassenabschläge gehe ihm zu weit. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Sozialgerichte diesem Argument folgen werden“, sagt Günter. Apotheken sollten dabei auch das Kostenrisiko eines Rechtsstreites bedenken, rät der Rechtsanwalt.

 

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