Lagerwertverlustausgleich

Geldeintreiber für Apotheken

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Der Lagerwertverlustausgleich wird in vielen Apotheken noch ziemlich anachronistisch durchgeführt: Ein Mitarbeiter druckt die von der Warenwirtschaft erstellte Liste aus und faxt die jeweilige Aufstellung an den Hersteller. Dort werden die Daten manuell eingepflegt und die Differenzen zwischen ursprünglichen und geänderten Einkaufspreisen ausgeglichen. Einige Hersteller bieten auch online-Lösungen an. Gerade bei Festbetragsanpassungen können schnell mehrere tausend Posten pro Apotheke an einem Stichtag fällig werden. Diese Prozesse wollen externe Dienstleister über elektronische Schnittstellen vereinfachen. Doch nicht alle Unternehmen finden die Idee gut.

Seit Mitte März können Apotheken die von der Software gemeldeten Lagerwertverluste als CSV-Datei an „Apoconnect“ schicken, ein Service der Firma Cómo Irá. Zum Stichtag werden die Daten gebündelt an die Hersteller verschickt. Für Apotheken ist der Service kostenlos, die Hersteller bekommen eine einfache Übersicht ebenfalls gratis. Diese enthält den Namen der Apotheke, die betroffenen PZN und natürlich die zu erstattende Preisdifferenz. Auf Wunsch des Herstellers und gegen Aufpreis kann Apoconnect aber auch Auswertungen fahren und Dateien mit den Ergebnissen liefern.

Genau da setzt die Kritik einiger Hersteller an: Cómo Irá gehe sehr freizügig mit den Stammdaten der Apotheken um, kritisiert der Hersteller AbZ Pharma. Außerdem würden die Daten anderen zum Kauf angeboten, heißt es in einem Schreiben an Apotheken. AbZ bemängelt zudem, dass die Lagerwertverluste nicht gesammelt verschickt würden und dass über Apoconnect keine Retouren abgewickelt werden könnten.

Die gesamte Unternehmensgruppe um den Ulmer Generikakonzern Ratiopharm arbeitet nicht mit Apoconnect zusammen. „Wir haben einen eigenen Online-Service, der von den Apotheken sehr gut angenommen wird. Und der Vorteil ist: Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben, sondern bleiben bei uns im Haus“, sagte ein Ratiopharm-Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Apoconnect-Geschäftsführer Dieter Brumberg weist die Vorwürfe zurück: „Das wäre unser Tod, wenn wir Daten verkaufen würden. So etwas kommt immer raus“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Jeder Hersteller bekomme nur die eigenen Daten, versichert Brumberg. Die Erstattung erfolge direkt vom Hersteller an die Apotheke. „Wir definieren uns als Datenlieferant und -drehscheibe“, so Brumberg.


Nach seinen Angaben nutzen aktuell 2100 Apotheken das System. Jeden Monat sollen bis zu 300 hinzukommen. Brumberg hofft, dass damit langfristig auch der Widerstand einiger Hersteller fällt. Das Einsparpotenzial bei der Datenerfassung schätzt er auf 80 Prozent. Auch für die Apotheken sei das Verfahren bequemer.

Doch auch bei den Softwareherstellern muss Apoconnect noch Überzeugungsarbeit leisten: Aktuell haben Apotechnik, Asys, Cida, Deos, Care, Laffond, Optipharm und Prisma eine Schnittstelle eingerichtet, mit der VSA laufen Verhandlungen. Lauer Fischer wir dagegen nicht teilnehmen: Das Softwarehaus hat mit dem Tochter-Unternehme „Informatik-Systeme“ eine eigene Plattform für den Lagerwertverlustausgleich - und ebenfalls mit Vorbehalten auf Seiten einiger Hersteller zu kämpfen.

Die Pharmaunternehmen mit im Boot hat dagegen Pharma Mall. Das Gemeinschaftsunternehmen der Hersteller Bayer, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Merck Serono und Novartis sowie des Logistikers PharmLog wickelt bereits seit drei Jahren Lagerwertverluste und sogar Retouren über einen Webshop ab. Rund 10.000 Apotheken haben sich einem Sprecher zufolge angemeldet, sieben Hersteller machen mit. Die Teilnahme stehe aber jedem Hersteller offen.

Neu hinzukommen soll demnächst eine vollautomatische Abwicklung der Lagerwertverluste. Apotheken können dabei in Echtzeit verfolgen, ob ihre Forderungen vom Hersteller angenommen werden. Die Schnittstelle hat das Softwarehaus Awinta entwickelt, an dem Pilotprojekt sollen rund 20 Apotheken teilnehmen.

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