Dosieraerosole zur inhalativen Anwendung bei Patient:innen mit Lungen- und anderen chronischen Atemwegserkrankungen hinterlassen einen großen CO2-Fußabdruck, so das Aktionsbündnis Klimabewusste Inhalativa. Daher brauche es klimafreundlichere Alternativen, fordert das Bündnis, dem auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) beigetreten ist. Bei der Umstellung sind die Apotheken gefragt und sollen Patient:innen den Umgang mit Pulverinhalatoren erklären.
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, soll mit der EU-Richtlinie 2024/573 der Einsatz fluorierter Treibhausgase bis 2050 schrittweise auf Null reduziert werden. Davon sind auch Dosieraerosole betroffen, die meist teilfluorierte Kohlenwasserstoffe enthalten. Pro Jahr würden dadurch rund 143 Millionen Kilogramm CO2-Äquivalente ausgestoßen – „das entspricht einem Auto, das rund 32.000 Mal um den Äquator fährt“, heißt es vom BKK Dachverband, der ebenfalls zum Aktionsbündnis gehört.
Hinzukomme das Recycling von entsprechenden Hilfsmitteln. Dennoch steigt die Verordnungszahl an Dosieraerosolen. Demnach erhalten etwa 50 Prozent der Patient:innen, die an chronisch obstruktiven Atemwegs- und Lungenerkrankungen leiden, ein Dosieraerosol – dabei wäre dies nur bei rund 20 Prozent notwendig, betont Dr. Christian Grah vom Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe.
Bei der Verordnung von Inhalativa brauche es daher ein Umdenken, so BKK-Vorständin Anne-Kathrin Klemm. Ziel des Aktionsbündnisses aus 28 Institutionen und Organisationen sowie Einzelpersonen des Gesundheitswesens: Den Anteil klimaschädlicher Dosieraerosole bis 2027 deutlich zu reduzieren – bei gleichbleibend hoher Versorgungsqualität. Eine Möglichkeit wäre der verstärkte Einsatz von Pulverinhalatoren, die deutlich weniger CO2 verursachen.
Das Problem: Diese sind Praxen, aber vor allem Patient:innen oft nicht bekannt. Die S2k-Leitlinie „Klimabewusste Verordnung von Inhalativa“ soll Abhilfe schaffen, heißt es vom Aktionsbündnis. Auch Apotheken sind gefragt. Schließlich seien diese für viele Patient:innen eine wichtige Anlaufstelle. Ihre Aufgabe: Apotheken können das Vertrauen in Pulverinhalatoren bei Patient:innen stärken und sie entsprechend im Umgang damit schulen, erklärt die stellvertretende DAV-Vorsitzende Anke Rüdinger. Dies könne auch die Adhärenz steigern.
Es gelte jedoch nach wie vor, die individuell passendste Behandlungsoption zu finden, ohne den Betroffenen dabei „etwas wegzunehmen“, so das Aktionsbündnis weiter. So dürfe auch im Fall von Lieferengpässen, von denen aktuell vor allem Dosieraerosole – beispielsweise mit Salbutamol – betroffen sind, nicht einfach auf Pulverinhalatoren umgestiegen werden. Stattdessen seien eine gründliche Abwägung und Aufklärung erforderlich.
Neben dem verstärkten Einsatz von Pulverinhalatoren soll auch nach neuen Treibmitteln mit geringerem CO2-Potenzial geforscht und die Prävention gestärkt werden, um die Zahl der chronischen Atemwegserkrankungen zu senken. Auch bei anderen Arzneimitteln sei langfristig ein Umdenken notwendig, wie beispielsweise bei Antibiotika oder der Nutzung von topischen Zubereitungen mit Diclofenac, die das Ökosystem beeinflussen können.
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