Apotheker schockiert: Kundin ignoriert Corona-Quarantäne Cynthia Möthrath, 24.03.2020 10:04 Uhr
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Rücksichtslos und unfassbar: Dr. Stephan Hahn musste in der vergangenen Woche eine Kundin der Apotheke verweisen – trotz Quarantäne hatte sie die Offizin betreten. Foto: Stadt-Apotheke, Cuxhaven
Berlin - Was sich in der vergangenen Woche in der Stadt-Apotheke Cuxhaven zugetragen hat, wird viele Apothekenmitarbeiter verständnislos mit dem Kopf schütteln lassen: Eine ältere Dame betrat mit einem Schal vermummt die Offizin und ließ sich von Inhaber Dr. Stephan Hahn beraten. Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass sie eigentlich unter Quarantäne steht, weil sie sich mit dem Coronavirus infiziert hat.
Der unglaubliche Fall trug sich am Donnerstagmorgen zu. Hahn hatte in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Notdienst gehabt. Da die Apotheke regulär erst um 8.30 Uhr öffnet, waren die Türen eigentlich noch geschlossen. Doch der Apotheker sah die gebrechliche Frau vor der Türe stehen und öffnete kurzerhand, um sie mit ihrem Rollator in die Offizin zu lassen. „Sie trug Handschuhe und war mit einem dicken Schal vermummt“, berichtet er. Ein solcher Anblick sei derzeit jedoch nichts Ungewöhnliches, da viele Menschen Angst hätten sich zu infizieren.
Der Apotheker ging mit der Dame zum HV-Tisch, um sie zu beraten. Sie verlangte etwas zur Immunabwehr. „Ich bin also dann um den HV-Tisch herum gegangen, da die Immunpräparate in der Freiwahl hinter ihr standen“, erklärt Hahn. „Als ich an ihr vorbeiging, warnte mich innerlich irgendetwas.“ Er fragte die Dame daraufhin also, ob sie Angst habe, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Daraufhin entgegnete sie hemmungslos, dass sie sich bereits seit zehn Tagen in Quarantäne befinde. „Da fällt mir nichts mehr zu ein“, sagt Hahn.
Es sei zwar unklar, wie die Frau den Begriff „Quarantäne“ genau gemeint habe – ob es sich um eine behördlich angeordnete Sperre oder eine freiwillig auferlegte Maßnahme handelte – der Apotheker jedoch tat das einzig Richtige: „Ich habe gar nicht diskutiert, sondern sie direkt der Apotheke verwiesen“, erklärt er. Doch das habe sie zuerst nicht wirklich ernst genommen. „Ich musste mich mehrfach wiederholen und das auch in gesteigerter Lautstärke.“ Schließlich sei sie dann gegangen und habe sich im Herausgehen mehrfach entschuldigt. Hahn ist sich sicher, die Dame hatte den Ernst der Lage nicht verstanden. „Viele sehen das noch immer nicht als real an, wir sind in einer besonderen Situation.“
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