Ibuprofen, Paracetamol, Xylometazolin

Erkältungszeit mit Lieferengpässen: Hilfe aus der Rezeptur

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Berlin -

Der steigende Bedarf an Erkältungsmitteln kann vor allem im Pädiatriebereich bereits jetzt nicht vollumfänglich gedeckt werden. Während Fiebersäfte bereits seit längerem Mangelware sind, scheint es nun auch bei Nasensprays Schwierigkeiten zu geben. Zumindest Ratiopharm streicht einigen Apotheken die Winterbevorratung. Nicht immer sei dabei das Fehlen des Wirkstoffes der Grund, sondern ausbleibende Lieferungen von Primär- und Sekundärpackmitteln wie Filtern, Flaschen oder Papier für die Gebrauchsanweisung. Sind die Ausgangsstoffe lieferbar, kann im Einzelfall die Rezeptur helfen. Auch die Defektur könnte in diesem Winter wieder mehr an Bedeutung gewinnen.

Die Rezeptur kann immer dann einspringen, wenn es bei Fertigarzneimitteln zu Lieferproblemen kommt. Verzeichnet die Apotheke eine erhöhte Anfrage, so kann auch eine Defektur in Erwägung gezogen werden. Denn immer dann, wenn wiederholt Verordnungen zu ein und derselben Rezeptur vorgelegt werden, ist eine größere Herstellung in Chargen möglich. Natürlich müssen die Regeln zur Prüfung bedacht werden. Während die Anforderungen an eine Creme meist gering sind, steigen die Prüfanforderungen bei oral oder nasal anzuwendenden Formulierungen.

Paracetamol – zwei Optionen möglich

Paracetamol kann in einer Dosierung von 50 mg/ml ­in Syrspend verarbeitet werden. Die Rezeptur ist 90 Tage lang haltbar. Sie kann sowohl bei Raumtemperatur als auch im Kühlschrank gelagert werden. Auch eine Verarbeitung im SyrSpend SF pH4 Pulver ist möglich. SyrSpendSF Alka eignet sich demnach nicht zur Anfertigung einer Suspension.

Wer die Grundlage von Fagron nicht vorrätig hat, kann auch auf die „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC” zurückgreifen. Sie eignet sich ebenfalls zur Herstellung einer Paracetamol-Suspension. Die Haltbarkeit der Suspension à 40 mg/ml wird mit vier Wochen angegeben.

Da die Aufschüttelbarkeit nicht optimal ist, sollte das verwendete Primärgefäß rund doppelt so viel Volumen fassen können, wie verordnet. Die Eltern sollten darauf hingewiesen werden, dass sie sehr stark schütteln müssen vor der Verabreichung. Bei einer Haltbarkeit von bis zu drei Monaten kann durchaus eine Defektur angedacht werden.

Wichtig: Da für die Prüfung einer Defektur je nach Gesamtrisikoscore verschiedene analytische Methoden zum Einsatz kommen müssen, sollte die Chargengröße nicht zu klein gewählt werden. Ansonsten prüft der/die PTA andauernd erneut den Paracetamol-Saft. Die Herstellung sollte wirtschaftlich sein. das heißt, dass die Ermittlung der potenziell abzugebenden Menge unerlässlich ist. Im Optimalfall warten Eltern nicht auf die Verfügbarkeit einer Defektur und die Apotheke hat gleichzeitig einen sehr geringen oder gar keinen Verfwurf.

Kurze Wiederholung: Gesamtrisikoscore

Der Gesamtrisikoscore zeigt auf, wie sensibel die Defektur in Herstellung und Anwendung ist. Je höher der Wert, desto intensiver und umfangreicher muss die Apotheke die Zubereitung prüfen. Cremes, Gele und sonstige dermal anzuwendende Rezepturen weisen zumeist einen niedrigen Score auf. Augentropfen weisen, als verpflichtend steriles Arzneimittel, einen hohen Score auf. Wirklich kompliziert wird es bei intravenös oder intrathekal anzuwendenden Zubereitungen. Oftmals müssen diese Defekturen dann auch von einem externen Labor auf Pyrogenfreiheit & Co. überprüft werden. Der Score setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen:

  • Applikationsart und Darreichungsform
  • Jährliche Produktionsmenge
  • Risiken des Wirkstoffs
  • Herstellungsprozess
  • Abgabe

Die jeweiligen Punkte (1 bis 5) werden dann multipliziert. Anhand des Beispiels Paracetamol-Saft würde sich folgender Score ergeben:

  • Produktionsmenge bis 150 pro Jahr: 1
  • Enterale unsterile Darreichungsform: 3
  • Risiko des Wirkstoffes ist mittel: 3
  • Die Herstellung folgt dem Lösen und Mischen: 2
  • Ort der Abgabe ist hauptsächlich die Apotheke: 1

1 x 3 x 3 x2 x 1 = 18

Ein Gesamtrisikoscore von 18 entspricht immer noch einem niedrigen Risiko. Im Rahmen der Defekturprüfung muss der/die PTA nur die Basis-Überprüfungen durchführen. Die Apotheke sollte die Risikobeurteilung zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit gegenüber Pharmazieräten & Co. dokumentieren.

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