Generikaaustausch

Pohl-Boskamp scheitert mit Rabatt-Blockade

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Das schleswig-holsteinische Familienunternehmen Pohl-Boskamp hat vor der Vergabekammer des Bundes eine Niederlage kassiert. Der Hersteller hatte bei der aktuellen AOK-Ausschreibung einen Nachprüfungsantrag gestellt: Ein Rabattvertrag über Pumpsprays und Sprays mit Glyceroltrinitrat sei rechtlich nicht durchführbar, da die Produkte der verschiedenen Anbieter wegen unterschiedlicher Packungsgrößen nicht austauschbar seien, so das Unternehmen. Die Vergabekammer kam in ihrer Entscheidung dagegen zu dem Schluss, dass die Normpackungsgröße als Kriterium anzuwenden ist. Der Antrag wurde deshalb zurückgewiesen.

Neben Pohl-Boskamp (Nitrolingual) haben auch die Hersteller Mibe (Corangin) und Actavis (Nitrangin) Glyceroltrinitrat-Pumpsprays auf dem Markt. Abgesehen von den Packungsgrößen variieren auch die Wirkstärken: Corangin enthält 0,41 Milligramm Wirkstoff pro Sprühstoß, die übrigen Sprays 0,4 Milligramm.

Nach Ansicht von Pohl-Boskamp darf - trotz der geringen Abweichungen - nicht auf die N-Größen abgestellt werden, da sie nichts über die tatsächliche Arzneimittelmenge besagen. Die Vergabekammer sah dies anders: Im konkreten Fall spreche „einiges dafür, dass im Rahmen der Vorschrift auf die Normpackungsgröße entsprechend der Packungsgrößenverordnung abzustellen ist“, heißt es im Beschluss.

Nach Ansicht der Kammer sind die Abweichungen vernachlässigbar: „Soweit das Produkt eines Wettbewerbers der Antragstellerin aufgrund der Angabe einer zweiten Nachkommastelle bei der Wirkstoffstärke scheinbar ein Mehr von 0,01 Milligramm pro Sprühstoß aufweist, ist zum einen nicht ausgeschlossen, dass auch die anderen Produkte am Markt bei Angabe der zweiten Nachkommastelle dieselbe Wirkstärke aufweisen, und ist zum anderem festzustellen, dass bei einer Rundung auf die erste Nachkommastelle alle Präparate dieselbe Wirkstärke von 0,4 mg pro Sprühstoß aufweisen.“

Die Richter sind der Auffassung, dass es dem „Sinn und Zweck“ von Aut idem widersprechen würde, wenn „bereits geringste Mengenabweichungen zu einem Ausschluss der Substitution - im Rahmen von Rabattverträgen, aber auch im Übrigen - führen würden“. Bei der Entscheidung der Vergabekammer handelt es sich lediglich um eine Einzelfallbewertung. Aussagen über eine allgemeine Auslegung der Formulierung „identische Packungsgröße“ lassen sich einer Sprecherin zufolge aus dem aktuellen Beschluss nicht ableiten.

Nitrolingual ist neben Gelomyrtol eine der wichtigsten Sparten von Pohl-Boskamp. 2007 setzte das Unternehmen aus Hohenlockstedt 58 Millionen Euro um, davon rund 40 Millionen Euro in Deutschland. Zuvor hatte der Hersteller die Preise für Nitrolingual Spray erhöht und damit wegbrechende Absätze kompensiert. Der Jahresüberschuss lag bei 4,5 Millionen Euro. Das Unternehmen, das von Marianne Boskamp geleitet wird, beschäftigte zuletzt rund 350 Mitarbeiter.

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