BAH

Das „Anti-Zielpreis-Gutachten“

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Zielpreisvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Apothekern sind aus Sicht des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) nicht nur schlecht für die Pharmaunternehmen, sondern auch rechtlich angreifbar. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Verband in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten. Demnach wären Zielpreisvereinbarungen ohne Genehmigung durch die Europäische Kommission unter gemeinschaftsrechtlicher Sicht unzulässig. Besonders die im Modell veranschlagte Bonuszahlung an Apotheker bei Umsetzung der Vereinbarungen sei eine genehmigungspflichtige staatliche Beihilfe.

Als die Rabattverträge der AOK im Frühjahr von verschiedenen Gerichten beanstandet wurden, hatte die Kasse mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) intensivere Gespräche über ein Zielpreismodell als Alternative geführt. Nach diesem Modell dürfen Apotheker Präparate aller Hersteller abgeben, die den vereinbarten Zielpreis halten oder unterbieten. Im Gespräch waren zudem Bonuszahlungen für Apotheker in Höhe von 50 Cent pro abgegebener Packung unterhalb des Zielpreises. Bislang ist es bei dem Gedankenaustausch geblieben, und mit der neuen Ausschreibung der AOK dürfte das Modell auch in naher Zukunft kaum Chancen haben. Die Kassen erwarten aus den Rabattverträgen höhere Einsparungen.

Doch die Industrie ist offenbar nervös geworden und hat das Modell vorsorglich auf rechtliche Schwachstellen analysiert. Die Prüfung sei aber „nicht gegen die Akteure gerichtet“, so der BAH-Vorsitzende Hans-Georg Hoffmann. Das juristische Argument dürfte die Beteiligten stärker beeindrucken, als die nachvollziehbare Betroffenheit der Pharmaunternehmen: „Es ist ein Diskussionsangebot an die Krankenkassen und Apotheker und ein Informationsangebot an das Gesundheits- und das Wirtschaftsministerium“, sagte Hoffmann.

Den beauftragten Juristen zufolge ist vor allem die Bonusregelung für Apotheker bedenklich: „Wahrnehmbare Einkommenseinschränkungen“ auf Seiten der Apotheker durch die Zielpreise würden durch den Bonus „überkompensiert“. In einer solchen Verwendung von Kassengeldern erkennen die Juristen eine staatliche Beihilfe. Diese sei nicht per se unzulässig, müsse aber vorab von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Und die Brüsseler Behörde lege Wettbewerbsbeschränkungen sehr eng aus. Eine „juristische Sperre“ sei aber auch ohne die Sondervergütung gegeben, da der Abschluss von Zielpreisvereinbarungen in jedem Fall ausschreibepflichtig sei. Aus Sicht der Kanzlei und des BAH dürfen Kassen also nicht ohne weiteres Zielpreise mit dem DAV vereinbaren.

Auch ein Zielpreismodell bei gleichzeitigem Verzicht auf Rabattverträge und Festbeträge ist aus Sicht des BAH „nicht ohne weiteres akzeptabel, weil die Hersteller nicht an der Preisgestaltung beteiligt wären“, so Hoffmann. Bei der Mitgliederversammlung Ende September will der Verband selbst eine Alternative zu den derzeit diskutierten Instrumenten vorstellen.

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