Kommentar

Binnenmarkt um jeden Preis

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Glaubt man EU-Binnenmarktskommissar Charlie McCreevy, besteht seitens der Kommission überhaupt kein Interesse an einem einheitlichen Apothekenmarkt: Die Ausgestaltung soll, so McCreevy, auch in Zukunft den Mitgliedsstaaten vorbehalten bleiben. Nur die Freiheiten des Binnenmarktes müssten eben respektiert werden.

Hinter der Maske des unschuldigen Liberalisierers verbirgt sich ein radikaler Anspruch: Gleich sieben Länder hat der Ire mit Mahnschreiben beschickt, teilweise aufgrund von Beschwerden, teilweise aber auch in Eigeninitiative. Alle relevanten Hindernisse im Apothekenmarkt will McCrrevy beseitigen - ohne Rücksicht auf Verluste. Denn unter dem Strich bleiben den Mitgliedsstaaten nach dem Willen der Kommission kaum Mittel, um die Struktur der Arzneimittelversorgung mitzubestimmen.

So werden Fremd- und Mehrbesitzverbot, aber auch Niederlassungsbeschränkungen, Genehmigungsverfahren und Beschränkungen der Rechtsform angegriffen. In Italien und Portugal moniert die Kommission sogar Inkompatibilitätsregelungen, die Großhändlern die Beteiligung an Apotheken untersagen.

Folgen die EU-Richter der Kommission, steht einer flächendeckenden Vertikalisierung nichts mehr im Weg: Hersteller würden sich auf das gleiche Recht zur Integration berufen wie Großhändler. Krankenversicherungen, Klinikbetreiber und Ärzte würden ebenfalls Ansprüche bei der Arzneimittelabgabe geltend machen - und im Versorgungsalltag ihren Einfluss. Haftungsrechtliche Zusatzverträge zwischen Kettenbetreiber und Apotheker, wie von der Kommission vorgeschlagen, dürften kaum Wirkung entfalten.

Vielleicht ist McCreevy aber auch zu weit gegangen. Vielleicht können die EU-Richter angesichts des abmahnenden Rundumschlags des EU-Kommissars gar nicht anders, als zu einem differenzierteren Urteil zu gelangen. In der Diskussion wird es darum gehen, die Argumente der Kritiker auf ihre Konsistenz und Glaubwürdigkeit zu hinterfragen und sich nicht von einander widersprechenden Vorschlägen blenden zu lassen.

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