Besuch von Ministerpräsident Weil

Apotheker Düvel wünscht sich Tiefkühlimpfstoff

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Berlin -

Apotheker Dirk Düvel hat zwei Superfroster und könnte den Corona-Impfstoff von Biontech auch bei -78 °C bei sich lagern. Das nützt dem Chef der „Wir leben-Apotheken“ aber nichts, weil Comirnaty nur angetaut ausgeliefert wird. Düvel wünscht sich hier mehr Flexibilität und hatte jetzt Gelegenheit, sein Anliegen an prominenter Stelle zu hinterlegen: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) war zu Besuch in Düvels Herstellungs-und Logistikzentrum in Eichholz.

Das Zentraldepot für Covid-19-Impfstoffe befindet sich in Quakenbrück. Von dem Bundeswehrstandort aus werden die Zwischenlager beliefert. In der Allgemeinverfügung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist die Verteilung an die Hausarztpraxen genau und abschließend geregelt: Die Großhändler kontingentieren und verteilen an die Apotheken, diese liefern an die Arztpraxen aus. Das System ist – trotz mehrfachem Wechsel bei der Zusammenstellung der verschiedenen Impfstoffe – mittlerweile eingespielt.

Aber das System hat eben auch natürliche Schwachstellen: Weil der Impfstoff aufgetaut nur fünf Tage haltbar ist, muss bis zum Wochenende alles verimpft sein. Viele Ärzte würden aber gerne samstags oder sonntags „Impftage“ anbieten, um unter der Woche den normalen Praxisbetrieb nicht zu stören, berichtet Düvel aus eigener Erfahrung. Mit ihm wäre das zu machen: Der Apotheker könnte Impfstoff in größeren Mengen in seinen beiden Ultratiefkühlschränken zwischenlagern und termingerecht auftauen. Doch das von KBV, Abda und Phagro mit dem BMG ausgehandelte Modell sehe das nicht vor.

Düvel hat bei seinen Großhändlern nachgefragt, aber beide liefern keine tiefgekühlten Impfstoffe aus. „Warum entziehen wir uns selbst die Flexibilität?“, fragt sich Düvel. Spezialisierte Apotheken könnten Praxen auch am Wochenende beliefern oder bei kurzfristigen Änderungen reagieren und etwa eine Lieferung eine Woche aufschieben. Ihm gehe es nicht um Konkurrenz, betont Düvel, sondern darum zu zeigen, dass der Berufsstand als Ganzer das kann. „Das ist für uns sowieso kein Geschäftsmodell, das ist Sozialengagement“, so Düvel mit Verweis auf die Vergütung der Apotheker. Das findet er auch vollkommen in Ordnung. Nur die Organisation der Verteilung könnte aus seiner Sicht besser sein – zumal wenn später die Auffrischungsimpfungen anstehen und die Impfzentren geschlossen sind.

Tatsächlich ist mittlerweile nicht einmal mehr ein Ultratiefkühlschrank vonnöten. Nach neuen Angaben des Herstellers Biontech ist eine Lagerung von Comirnaty bei -20 °C bis zu 14 Tage möglich. Das kann theoretisch also jede Apotheke – wenn die Großhändler denn tiefgekühlt ausliefern würden.

Über das Thema hat sich Düvel am Mittwoch vor Himmelfahrt lange mit Ministerpräsident Weil unterhalten. Der sei „sehr offen und aufmerksam“ gewesen und habe ihn gebeten, hierzu ein Konzept zu schreiben. Düvel hat sich mit anderen spezialisierten Kollegen ausgetauscht und geliefert. Jetzt ist er gespannt, ob sich etwas tut, denn aus seiner Wahrnehmung war diese Perspektive bislang nicht an Weil herangetragen worden.

Zu dem Besuch des Ministerpräsidenten kam es, weil Düvel seit vielen Jahren Vorsitzender des Wirtschaftsfördervereins ist. In Niedersachsen stehen Kommunalwahlen an und so hatte die SPD-Bürgermeisterkandidatin den Kontakt zum Apotheker gesucht. Mit Weil hat sich Düvel aber nicht nur über Corona-Impfstoffe unterhalten. Im Gewerbepark ist auch das Notfalldepot für die Hämophilieversorgung untergebracht. Die Stelle ist rund um die Uhr besetzt und liefert Düvel zufolge bundesweit innerhalb von zwölf Stunden aus. Jede Woche gebe es im Durchschnitt ein bis zwei Notfallanrufe. Düvel ist auch Zweiter Vorsitzender des Verbands der Hämophilie Apotheken (VHA).

Weil wollte Düvel zufolge noch wissen, warum die Apotheker:innen eigentlich so viel Angst vor DocMorris hätten. Er habe auf die ungleich langen Spieße verwiesen, vor allem deutsche Versender – zu denen Düvel selbst zählt – seien davon betroffen, Stichwort „eingetragener Kaufmann“ mit persönlicher Haftung versus Kapitalgesellschaft. Den Kolleg:innen vor Ort mache zudem der Preiskampf zu schaffen.

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