AMNOG-Folgen

Apotheker demonstriert vor dem Reichstag

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Berlin -

Thorsten Junk ist es leid. Der Apotheker will endlich mit dem Vorurteil aufräumen, er und seine Kollegen seien eine Bande von wohlsituierten Besserverdienern. Er möchte die Bevölkerung aufklären, wie es um viele Apotheken nach dem Inkrafttreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) bestellt ist. Am vergangenen Freitag ist Junk deshalb aus dem hessischen Marburg nach Berlin gefahren und hat vor dem Reichstagsgebäude Flugblätter mit seinen aktuellen Betriebsergebnissen an Passanten verteilt. Die Ein-Mann-Demo eines verzweifelten Apothekers.

Junk steht auf der Wiese zwischen Kanzleramt und Parlamentsgebäude und hält entschlossen sein Plakat in die Luft: „Apotheken vor dem Kollaps“ steht darauf und: „Schluss mit der Neiddebatte. Apotheken sind am Ende!“ Viel Aufmerksamkeit bekommt er nicht – an diesem stürmischen Herbsttag sind nur wenige Touristen vor dem Reichstagsgebäude zu sehen. Doch ein paar Passanten sprechen den Mann im weißen Kittel an, hören zu und studieren seine Tabelle: Rohertrag, Personalkosten, Betriebsergebnis.

Mit seiner Hauptapotheke in Marburg samt Krankenhausversorgung und Blisterzentrum ist Junk eigentlich voll im Geschäft. Doch die Gießener Filiale ist eine typische Apotheke – Junk präsentiert die Ergebnisse: Von 1,4 Millionen Euro Umsatz zwischen Januar und Oktober blieb unter dem Strich ein Minus von 1270 Euro.

„Ich will kein Mitleid und demonstriere nicht für einen Bestandsschutz. Ich fordere eine angemessene Wertschätzung für die Arbeit der deutschen Apotheken“, sagt Junk. Doch wegen der Umstellung des Großhandelshonorars müssten die Apotheken 2012 einen zusätzlichen Ertragsrückgang von 2 Prozent hinnehmen.

Junk erwartet, dass dann gerade in ländlichen Regionen Strukturen dauerhaft zerstört werden. Aktuell versuche die Regierung mit großem finanziellen Aufwand, die Versorgungsengpässe bei den Ärzten zu schließen. „Trotzdem werden dieselben politischen Fehler jetzt bei den Apotheken wiederholt. Hat denn niemand dazu gelernt?“, fragt er eine junge Frau, die auf seine Protestaktion aufmerksam geworden ist.

Junk weiß, dass er mit seiner Ein-Mann-Demo nicht viel erreichen kann. Trotzdem war die Aktion wichtig für ihn: „Irgendetwas muss man doch unternehmen. Ich konnte nicht mehr nur in der Apotheke sitzen und mich über das ganze Dilemma ärgern. Jetzt habe ich wenigstens das Gefühl, aktiv geworden zu sein“, sagt der Apotheker.

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