Kommentar

Phagros Gewinngarantie

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Berlin -

Es wird noch einmal spannend beim GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG). Die Regierung will sich im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens vielleicht doch mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) beschäftigen. Nicht nur die Apotheker hoffen auf einen Nachschlag. Auch der Großhandelsverband Phagro wittert eine gute Gelegenheit, seinen Mitgliedsfirmen zu einer „Gewinngarantie“ zu verhelfen.

Anderthalb Jahre lang haben die Großhändler auf diesen Moment gewartet. Zwar wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit über die Rabattschlacht gejammert. Von 60 Millionen Euro kollektivem Gewinn im Jahr 2012 auf 60 Millionen Euro Verlust im Jahr 2013 macht 120 Millionen Euro Minus, so die simple Rechnung. Doch die Reaktion der Politik auf das Lamento war eindeutig: Wer bei den Konditionen an der Grenze des Zulässigen und außerdem jenseits der Vernunft agiert, kann nicht auf zusätzliche Mittel hoffen.

In der heißen Phase des Gesetzgebungsverfahrens keimt jetzt eine realistische Chance auf, doch noch etwas aus dem großen Honorartopf abzubekommen. Brav haben die Milliardenkonzerne bereits den Rechtsweg eingeschlagen, um sich nach den Rabatten auch noch die Skonti auf ein Minimum stutzen zu lassen. Einen Aufschrei wegen des Angriffs auf die unternehmerische Freiheit hat es jedenfalls nicht gegeben.

Hinter vorgehaltener Hand räumt zwar so mancher Firmenchef ein, wie wenig marktwirtschaftlich politische Einlassungen gerade beim Skonto sind. Laut sagen würde das in der jetztigen Situation aber niemand. Lieber abhängig vom Gesetzgeber als abhängig von den Apothekern, lautet die Devise seit Jahren. Fast könnte man Mitleid mit den Milliardenkonzernen haben.

Schon der Rabattdeckel war eine Idee des Großhandels. Eine Kostendeckung müsse sichergestellt sein, argumentierte der damalige und heutige Verbandschef Dr. Thomas Trümper. Weil dieses Matra sich schon nach wenigen Monaten wieder verflüchtigt hatte, sollen nun neue Schutzzäune die Branche vor sich selbst schützen. Eine Branche wohlgemerkt, die mittlerweile global ausgerichtet ist, um über Finanzdrehscheiben in der Schweiz den Herstellern Rückvergütungen abzutrotzen.

Wenn man den Großhandel auf die eigene Schizophrenie anspricht, erntet man nur ein Schulterzucken: Die ABDA hätte bei ihrer eigenen Honorarumstellung im Jahr 2004 ihre Lieferanten eben mitnehmen müssen. Dann wird schnell wieder ein kollegialer Ton aufgelegt – im selben Boot usw.

Grundsätzlich würden die Apotheken natürlich profitieren, wenn die Großhändler mehr Geld hätten und sich nicht über Gebühren und dergleichen finanzieren müssten. Andererseits gibt es auch immer das Bild des Kuchens, der in der Branche nur einmal verteilt wird.

Bei der Politik gibt es Sympathisanten für die Idee eines Weniger an Konditionen: Jens Spahn (CDU) etwa machte beim Apothekertag in München im vergangenen Jahr den aberwitzigen Vorschlag, Rabatte in neue Honorarbestandteile umzuwidmen. Gottseidank sind wenigstens die Apotheker noch marktwirtschaftlich genug, um sich nicht auf solche Ideen einzulassen.

Auf der politischen Bühne laufen einstweilen die eingespielten Mechanismen ab: Der Phagro präsentiert Zahlen des Instituts für Handelsforschung (IfH), die belegen, wie schlecht es der Branche geht. Zwar trauen BMG und BMWi anderen Quellen nur ungern. Doch das IfH ist die einzige Institution in Deutschland, die bei den Großhändlern überhaupt einen vertraulichen Blick in die Bücher werfen darf.

Schon in den vergangenen Jahren rechneten die Experten aus Köln nicht nur vor, wie hoch der Logistikaufwand im Pharmagroßhandel ist, sondern auch wie schlecht Apotheken und Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ohne die Branche überhaupt dastünden. Am IfH beteiligt ist neben dem Apothekerverband Nordrhein unter anderem die Noweda. Dies nur zur Erinnerung.

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