Kommentar

Das Imperium räumt auf

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Berlin -

Die ABDA wird entschlackt. Die Verwaltungsgesellschaft wird aufgelöst, die wirtschaftenden Töchter treten künftig unter gemeinsamem Dach auf. Es riecht nach Reform, sieht aus wie Transparenz, schmeckt aber nach altem Wein in neuen Schläuchen. Über die Motive kann derzeit nur spekuliert werden. Einige Interpretationsmöglichkeiten.

Unangenehme Fragen: Komplexe Strukturen wie die der ABDA machen schnell misstrauisch. Vielleicht gab es Fragen: vom zuständigen Haushaltsausschuss, von den Gremien oder vom Finanzamt Hofheim (Taunus). Die ABDA musste reagieren, auch weil sie sich Compliance auf die Fahne geschrieben hat.

Heiße Luft: Die Strukturen der ABDA sind nicht neu, sondern existieren seit Jahrzehnten. In dieser Zeit könnte sich der Apparat von seinem ursprünglichen Zweck entfernt und verselbstständigt haben. Selbst im Inneren wurden die Reibungsverluste immer offensichtlicher. Jetzt präsentiert der beauftragte Unternehmensberater: heiße Luft.

Versteckte Verluste: Wenn die ABDA demnächst das Mendelssohn-Palais verkaufen will, könnte das Vermögen deutlich abschmelzen. Denn dass sich die Investitionen komplett zurückholen lassen, glaubt man nicht einmal in der Jägerstraße. Wenn aber alle Werte in einen Topf geworfen werden, fallen ein paar Millionen Euro an Abschreibungen weniger ins Gewicht: Heute machen die beiden ABDA-Immobilien drei Viertel des Vermögens aus. Berücksichtigt man die Reserven der wirtschaftenden Töchter, sind es nur etwas mehr als ein Drittel.

Kosmetische Compliance: Zum plötzlichen Abgang des ehemaligen Finanzgeschäftsführers hüllt man sich bei der ABDA in Schweigen. Was, wenn in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles korrekt gelaufen ist? Was, wenn man sich in der Jägerstraße und in Eschborn an die eigene Nase fassen muss? Der radikale Abschied von alten Strukturen als Compliance-Kosmetik: Seht her, wir machen den Deckel drauf. Kleiner Fehler: Atomarer Restmüll strahlt bekanntlich auch unter der Erde – und taucht irgendwann als Problem wieder auf.

Faktor Macht: Auch das Thema Finanzen und Verwaltung wird Chefsache. Wer alle Fäden in der Hand hat, macht sich unverzichtbar. Seit seinem Amtsantritt gibt sich Friedemann Schmidt als Souverän im Apothekerstaat, umgeben von immer denselben engen Vertrauten: seinem Vize Mathias Arnold und Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz. Auffällig ist derzeit nicht die Distanz der Basis zur ABDA, sondern die der ABDA zur ABDA-Spitze. Für die Herren in der Jägerstraße, die lieber ihre Ruhe haben wollen, muss das nicht schlecht sein.

Alles ABDA: Vielleicht wollen Schmidt & Co. ihren Kollegen im Land Gutes tun: Synergien nutzen, Gewinne auflösen und Gebühren, Preise und Beiträge senken. So wird auf wirtschaftlicher Ebene zusammengeführt, was zusammengehört. Ob man als Govi-Kunde künftig bei der Expopharm oder bei den Pseudo-Customer-Besuchen Rabatt bekommt? Die ABDA, das sollte nach der Fusion jedenfalls klar sein, hat nicht nur politisch einen Alleinvertretungsanspruch. Sie ist auch ein Wirtschaftsmonopol.

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