Phytopharmaka

Empfehlung auch ohne Wirkungsnachweis

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Berlin -

Der Phytohersteller Dr. Willmar Schwabe hat die Einstellungen von Apothekern zu Naturheilmitteln untersuchen lassen. Erwartungsgemäß zeigt die Studie, dass diese den Naturarzneimitteln aufgeschlossen gegenüberstehen. Und das selbst dann, wenn der Wirkungsnachweis fehlt. Für die Studie wurden rund 210 Apotheker und PTA befragt.

19 Prozent der Apotheker und PTA gaben an, „häufig“ Naturheilmittel abzugeben, selbst wenn der Wirkungsnachweis fehle, 2 Prozent sogar „sehr häufig“. 46 Prozent geben nach eigener Einschätzung entsprechende Präparate „manchmal“ und 25 Prozent „selten“ ab. Nur 7 Prozent gaben an, nie auf solche Mittel zurückzugreifen.

Als Gründe für die Abgabe nannten die Befragten positive psychologische Effekte auf die Selbstheilungskräfte, das geringe Nebenwirkungsrisiko und den Wunsch des Patienten.

Es sei akzeptabel, Naturheilmittel zu empfehlen, wenn diese für einen positiven psychologischen Effekt genutzt werden könnten, finden 89 Prozent der Apotheker und PTA. 82 Prozent sprachen sich dafür aus, Phytopharmaka anzuwenden, wenn alle anderen Therapien versagt hätten. Gleichzeitig gaben 28 Prozent auch an, es sei nicht akzeptabel, Naturheilmittel zu empfehlen, weil die Wirkung unzureichend sei. 10 Prozent der Befragten sprachen sich gegen den Einsatz aus, weil dieser das Vertrauen des Patienten zum Apotheker stören könne und 7 Prozent sehen darin sogar eine Täuschung des Patienten.

Laut der Umfrage halten 92 Prozent der Befragten Naturheilmittel für eine gute Alternative zu schulmedizinischen Maßnahmen und 87 Prozent empfehlen ihren Patienten Naturheilmittel als komplementäre Therapie. 74 Prozent gaben an, sie versuchten, ihre Patienten von Phytopharmaka zu überzeugen, auch wenn diese den Wunsch nach anderen Mitteln gehabt hätten. 48 Prozent empfehlen Naturheilmittel nur den „typischen Naturheilmittel-Typen“. 12 Prozent geben lieber Mittel der Schulmedizin ab.

Laut Umfrage wird im Bereich der Naturarzneimittel am HV-Tisch am häufigsten über freiverkäufliche pflanzliche Arzneimittel gesprochen. Darauf folgten Homöopathika, Vitamine und Spurenelemente, Mineralsalze, Säuren-Basen-Therapien, Bachblüten und Spagyrik. Laut der Studie spielt bei OTC-Naturheilmitteln eine ganzheitliche faktenbasierte, kognitive und emotionale Steuerung der Beratung durch den Apotheker für die Annahme und den therapeutischen Nutzen der Präparate eine entscheidende Rolle.

„Der Apotheker, der es versteht, durch bessere Beratung seine Produkte zu verkaufen, hat einen Wettbewerbsvorteil“, sagt Schwabe-Geschäftsführer Professor Dr. Michael Habs. Der Umfrage zufolge wissen mehr als 90 Prozent, dass sie mittels emotionaler Wirkungsverstärker den therapeutischen Nutzen drastisch verbessern könnten. Habs sieht in der Kommunikation mit dem Patienten dennoch großen Verbesserungsbedarf. Durch Kommunikation, Empathie, das Beratungsumfeld und das Erscheinungsbild ließen sich nachgewiesene Heileffekte erreichen.

Beim Therapieerfolg gehe es um mehr als das Verabreichen einer Pille. Seit einigen Jahren unterliege der Placeboeffekt einem Paradigmenwechsel, sagt Professor Dr. Manfred Schedlowski vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie Essen. Placebo-Antworten seien wirksame, steuerbare und hoch interaktive Phänomene.

Durch diese individuellen neuro-psychobiologischen Möglichkeiten, wie die Erwartungshaltung des Patienten oder die Qualität der Behandler-Patienten-Kommunikation, ließen sich Arzneimittelwirkungen maximieren, unerwünschte Wirkungen verringern und finanzielle Ressourcen des Gesundheitswesens effizient nutzen.

Apotheker sollen sich deshalb nicht nur als Berater, sondern als Heilsverstärker verstehen, findet Habs. Der Apotheker könne durch Interaktion und Auswahl gezielt Ängste abbauen, etwa indem er die individuellen Überzeugungen des Patienten miteinbeziehe. Dies entscheide darüber, wie eine Placebo-Antwort ausfalle, so Habs. Auf diese Weise ließe sich auch die Compliance erhöhen.

Habs fordert deshalb eine Verbesserung der Ausbildung von Apothekern und Ärzten in Bezug auf Placebo-Antworten. Diese bräuchten tiefergehende Kenntnisse der Placeboforschung und praktische Methoden der Heilverstärkung. Gleichzeitig müsste durch bestimmte Programme der Selbstverwaltung Zeit für „die neuen Apotheker-Patienten-Gespräche“ geschaffen werden. Auch die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen: „Wenn man die heutige Belastung durch die Auswirkungen der Rabattverträge sieht, würde hier ein Entbürokratisierung viel für den Patienten bringen“, so Habs.

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