Plasmaersatzmittel

Hydroxyethylstärke: Zulassungen sollen ruhen

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Berlin -

Die Verwendung von Plasmaersatzmitteln auf Basis von Hydroxyethylstärke (HES) wird in letzter Zeit kritisch hinterfragt. Laut Europäischer Arzneimittelagentur (EMA) sind diese Präparate bei bestimmten Patientengruppen mit schwerwiegenden Risiken verbunden. Die Experten empfehlen daher ein Ruhen der Zulassung.

HES ist ein polymerer Arzneistoff, der in der Notfallmedizin als Volumenersatzmittel eingesetzt wird. Chemisch gesehen besteht die Substanz hauptsächlich aus Amylopektin. Die Experten des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) fordern ein Ruhen der Zulassung, da sie die Anwendungsbeschränkungen von 2013 als unzureichend betrachten. Diese Empfehlung wird nun an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren weitergeleitet, die eine endgültige Entscheidung treffen wird.

Vor rund fünf Jahren hatten die Experten den Einsatz von HES-Lösungen bei kritisch kranken, auf Intensivstation behandelten Patienten verboten. Die Anwendung bei Patienten mit Sepsis, Verbrennungen oder bereits eingeschränkter Nierenfunktion wurde als Kontraindikation festgelegt.

Der PRAC beobachtete, dass HES-Lösungen bei kritisch kranken Patienten und solchen mit Sepsis und Nierenschäden trotz der 2013 eingeführten Einschränkungen weiterhin eingesetzt wurden. Der aktuellen Entscheidung lagen verschiedene Daten zugrunde: Der PRAC hatte Ergebnisse aus zwei Studien zur Arzneimittelanwendung sowie Daten aus klinischen und nichtinterventionellen Studien sowie Einschätzungen weiterer Experten evaluiert.

Bereits vor fünf Jahren hatte der PRAC von den Herstellern weitere Studien gefordert zur Anwendung von HES bei Traumapatienten und bei Patienten, die sich nicht zwingend erforderlichen Eingriffen unterziehen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) setzte die Vorgaben um. Alle Hersteller mussten im Rahmen eines Stufenplanverfahrens des BfArM ihre Fach- und Gebrauchsinformationen anpassen. Zugelassen sind HES-haltige Infusionslösungen seitdem nur noch zur Behandlung einer Hypovolämie bei akutem Blutverlust, wenn Kristalloide alleine als nicht ausreichend erachtet werden.

Weiterhin machte das BfArM den Herstellern zur Auflage, dass zu Aufrechterhaltung der Zulassung zwei randomisierte klinische Phase-IV-Studien durchzuführen seien. Diese müssten „mit klinisch bedeutsamen Endpunkten“ zum Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit durchgeführt werden, so die Auflage.

Baxter nahm daraufhin seine HES-Präparate vom Markt. Gegenüber dem Serumwerk Bernburg ordnete das BfArM das Ruhen der Zulassung an. Der Hersteller hatte erklärt, keine Untersuchung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht Köln (VG) erklärte die Entscheidung später für rechtswidrig. Betroffen waren die Präparate Vitafusal, Infukoll sowie Vita HES.

Neben dem Serumwerk verblieben Fresenius Kabi (Volulyte, Voluven) und B. Braun (Tetraspan) als Anbieter von HES-Lösungen zur Infusion auf dem deutschen Markt. Man habe die Auflagen des BfArM erfüllt, teilten Konzernsprecher damals mit. Man erwarte daher keinen Entzug der Zulassung.

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