Auswirkungen auf 240.000 Menschen

DDG: „Humaninsulin ab 2025 nur eingeschränkt verfügbar“

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Berlin -

Nachdem Sanofi seine Humaninsuline schrittweise vom deutschen Markt nahm, ist Novo Nordisk nun der zweite Hersteller, der ab dem zweiten Quartal 2025 die Humaninsuline stufenweise nicht mehr anbieten will. Etwa 10 Prozent der insulintherapierten Patient:innen verwenden aktuell Humaninsuline. „Die Verfügbarkeit von Humaninsulin wird erheblich eingeschränkt sein, was Auswirkungen auf insgesamt etwa 240.000 Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 haben wird, die eine Insulintherapie betreiben“, so Dr. Andreas Fritsche, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Ende September hatte Novo Nordisk Ärzt:innen über eine „Angebotsanpassung“ informiert. Heißt konkret: Levemir (Insulin detemir) und die Humaninsuline Actrapid, Actraphane und Protaphane werden bis Ende 2026 in Deutschland aus dem Sortiment verschwinden. Patient:innen müssen folglich umgestellt werden.

Die DDG betont, dass es für Patientinnen und Patienten, die Humaninsuline verwenden, grundsätzlich die Möglichkeit gebe, auf Insulinanaloga umzusteigen. Diese bieten Vorteile wie eine schnellere oder verlängerte Wirkung und eine geringere Gefahr für Unterzuckerungen. „Allerdings bedeutet der Umstieg für einige Betroffene eine Phase der Umstellung, die individuell durch das Diabetesbehandlungsteam begleitet werden sollte“, rät Fritsche.

„Die Dosierungen müssen sorgfältig angepasst werden und Beratung ist wichtig, um die Handhabung neuer Insulinpens oder spezifische Eigenschaften der Analoga zu verstehen.“ Der Experte verweist zudem auf die noch verfügbaren Humaninsuline des Herstellers Lilly: „Das ist eine Option für diejenigen, die bei Humaninsulinen bleiben möchten.“

Ein drohender Mangel sei noch nicht absehbar: „Es wird, soweit wir es jetzt absehen können, zu keinen Versorgungsengpässen mit Insulin an sich kommen, da es gute Alternativen zum Humaninsulin gibt. Allerdings sollten wir bereits jetzt notwendige Maßnahmen für eine kontinuierliche Versorgung und Umstellung treffen, um Unsicherheiten vorzubeugen“, betont Fritsche.

Die DDG bedauert: „Für die Wahl individueller Behandlungsmöglichkeiten und für die kontinuierliche Sicherstellung langjähriger erfolgreicher Routinebehandlungen nimmt das Angebot an Insulinen durch Markteinschränkungen ab.“ Betroffenen und ihren Behandlungsteams wird nachdrücklich empfohlen, die „Umstellung frühzeitig zu planen und geeignete Alternativen zu identifizieren“, so könnten „mögliche Unsicherheiten reduziert werden“.

Detaillierte Empfehlungen für Umstellungen

  • Patient:innen, die auf keinen Fall eine Umstellung auf ein Analoginsulin wünschen, können ohne Dosisplanänderungen auf die entsprechenden Humaninsuline des Herstellers Lilly umgestellt werden. Hinweis: Bei Umstellung auf Insuline anderer Hersteller folgt in der Regel auch eine Umstellung auf andere Pens. Dies bedarf einer Einweisung und Schulung.
  • Umstellungen von kurzwirksamem Humaninsulin (Actrapid) auf ein schnellwirkendes Insulinanalogon sind relativ einfach und ohne größere Dosisänderung möglich. Der schnellere Wirkungseintritt und die kürzere Wirkdauer der schnellwirkenden Insulinanaloga ist jedoch zu beachten zum Beispiel bei einem Spritz-Ess-Abstand.
  • Umstellungen von NPH-verzögertem Basalinsulin (Protaphane) auf ein Basalinsulinanalogon sollten so erfolgen, dass die bisherige Gesamt-Tagesdosis (morgendliche und abendliche Gabe addiert) zunächst um circa 10 bis 20 Prozent bei Umstellung auf das einmal täglich gegebene Basalinsulinanalogon reduziert wird. Eine Resuspension (Durchmischung) wie bei Protaphane entfällt.
  • Bei morgendlicher Gabe eines ungefähr 24 Stunden wirksamen Basalinsulinanalogons ist das Risiko besonders von nächtlichen Hypoglykämien geringer als bei abendlicher Gabe. Im Alltag ist eine morgendliche Basalinsulingabe häufig auch besser in den Tagesablauf integrierbar.
  • Bei Umstellungen vom Basalinsulinanalogon Insulin detemir (Levemir) auf ein anderes langwirkendes Basalinsulinanalogon gilt es grundsätzlich zu bedenken, dass alle anderen drei derzeit in Betracht kommenden langwirkenden Insulinanaloga (Insulin glargin, Insulin degludec, Insulin icodec) längere Wirkdauern haben und individuell unterschiedlich, auch in Abhängigkeit des Diabetestyps – Dosisreduktionen von 10 bis 20 Prozent der Gesamt-Tagesdosis bei Umstellung empfohlen werden. Für Menschen mit Typ-1-Diabetes ist hier bei der Umstellung mit stärkeren Glukosestoffwechseländerungen in der Umstellungsphase zu rechnen als bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Die Umstellung sollte besonders hier immer individuell vom behandelnden Diabetesteam begleitet werden.
  • Mischinsuline (Actraphane), die in den allermeisten Fällen bei Typ-2-Diabetes angewandt werden, können entweder durch noch verfügbare Mischinsuline mit den rasch wirkenden Insulinanaloga anderer Hersteller oder durch ein ca. 24 Stunden wirksames Basalinsulinanalogon ersetzt werden. Bei Umstellung auf ein Basalinsulinanalog kann der langwirksame Anteil des Mischinsulins zur Planung der Umstellungsdosis auf ein Basalinsulinanalogon herangezogen werden und um 10-20 Prozent initial beim neuen Insulin reduziert werden (Beispiel: bei einer bisherigen Gabe Actraphane 30/70: 20 E morgens und 10 E abends beträgt die Gesamtinsulindosis 30 E, davon sind 70 Prozent entsprechend ca. 20 E langwirkender Humaninsulinanteil. Vom neuen Basalinsulinanalogon kann dann mit 16-18 E einmal täglich begonnen werden). Eventuell muss die begleitende Therapie mit oralen Antidiabetika angepasst werden.
  • Für Insulinpumpenträger, die bisher ihre Pumpe mit Fiasp PumpCart betrieben haben, kommen andere Möglichkeiten der Insulintherapie mit dem schnellwirkenden Insulinanalog Insulin Fiasp für die Pumpenbehandlung in Frage

Insgesamt weist die DDG darauf hin, dass:

  • alle Umstellungshinweise nur grobe Anhaltspunkte sein können
  • immer die individuelle Situation des Menschen mit Diabetes beachtet werden muss
  • die Insulindosis bei der Umstellung von der aktuellen Stoffwechselsituation, dem Körpergewicht, dem Alter und vielen weiteren Faktoren abhängt

Wichtig: Das Ziel aller beteiligten Akteure muss die Sicherstellung einer kontinuierlichen und qualitativ hochwertigen Versorgung aller Menschen mit Diabetes sein.

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