Arzneimittelkriminalität

Harvoni-Fälschung: 23 Packungen auf Wanderschaft

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Berlin -

Du sollst nicht quer einkaufen. Und wenn doch, dann nur aus sicheren Quellen. Trotz dieser eisernen Grundregeln hatten es Anfang Juni Fälschungen des Hepatitis-Medikaments Harvoni (Ledipasvir/Sofosbuvir, Gilead) in die reguläre Lieferkette geschafft. Einen Monat später haben sich die Verantwortlichen einen Überblick verschafft. Es handelte sich um Originalware, die illegal in den deutschen Markt geschleust worden war. 23 Packungen waren betroffen.

Die Packungen mit weißen Tabletten waren in unterschiedlichen Teilen Deutschlands aufgetaucht. Patienten brachten Harvoni wieder zurück in die Apotheke, denn zuvor waren die Tabletten immer orange. Gilead rief alle Packungen mit der Chargenbezeichnung 16SFC021D zurück.

Die Laboranalysen ergaben keinerlei Abweichungen zum Originalprodukt – 100 Prozent Wirkstoffgehalt. Einziger Unterschied: die Farbe. Die Tabletten waren weiß statt orange, denn die Ware war nicht für den EU-Markt bestimmt.

Nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) wurden die Tabletten zwischen Anfang und Mitte Mai von Phoenix bezogen. Die Ware kam über einen Zwischenhändler aus den Niederlanden, der sie wiederum bei einer Firma in Portugal gekauft hatte. Beide Firmen waren nicht im Besitz der benötigten Großhandelserlaubnis. Trotzdem landete die Ware über den deutschen Großhändler in den Apotheken. Die Staatsanwaltschaft wurde daher mittlerweile eingeschaltet.

Medikamente dürfen laut §4a Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV) nur von „zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Betrieben“ erworben werden. Dabei muss bei jeder Bestellung nicht nur der Inhalt, sondern auch die entsprechende Erlaubnis geprüft werden. Bei Großhändlern und Arzneimittelvermittlern muss sich der Empfänger außerdem von der Einhaltung der Guten Vertriebspraxis (GDP) überzeugen.

Potenziell gefälschte Ware wurde von einem halben Dutzend Apotheken in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen bemerkt und an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) gemeldet. Die Regierung von Oberbayern nahm als die für den Originalhersteller Gilead zuständige Aufsichtsbehörde den Fall an sich.

Die Charge 16SFC021D war eine real existierende Bezeichnung. Als Verfallsdatum war auf den Fälschungen 06/2018 angegeben. Die Verpackung der Tabletten sowie die Tablettenform und -prägung entsprachen dem Original. Der Rückruf wurde bis auf Apothekenebene, Großhandelsebene und Patientenebene durchgeführt. Die Apotheken werden aufgefordert, Packungen der genannten Charge sofort unter Quarantäne zu stellen. Soweit möglich, sollen Patienten, die Harvoni der genannten Charge erhalten haben, kontaktiert und um Rückgabe der betroffenen Packungen gebeten werden.

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