Psychopharmazie

Apotheker und Autor Otfried K. Linde ist tot

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Berlin -

Der Pharmazeut und Autor Otfried K. Linde ist tot. Er starb am 29. Mai in Bad Bergzabern nahe Landau im Alter von 88 Jahren. Linde hat sich als Autor, Mitautor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Publikationen auf dem Gebiet der Pharmakopsychiatrie und der Psychiatriegeschichte einen Namen gemacht.

Linde war Pharmaziedirektor der Pfalzklinik Landeck, war aber auch für seine Umtriebigkeit in anderen Bereichen bekannt. Geboren 1932 in Sandersleben im heutigen Sachsen-Anhalt, studierte er in den 50er Jahren Volkswirtschaft und Pharmazie an der TU und der FU Berlin. 1956 legte er sein Staatsexamen ab, 1961 wurde er an der FU Berlin promoviert. In seiner Dissertation befasste er sich mit Untersuchungen über Sekundärreaktionen bei der Einwirkung von Phenoloxydase auf Catechine.

Nachdem er in dieser Zeit in mehreren Berliner Apotheken die Vertretungen übernahm, wurde er Leiter der Klinikapotheke der Pfalzklinik für Psychiatrie und Neurologie in Klingenmünster. Neben dieser Tätigkeit hatte er aber jahrzehntelang auch Lehraufträge an den Universitäten Saarbrücken, Karlsruhe und, nach der Wiedervereinigung, Jena. Er lehrte insbesondere in den Fächern Medizinische und Pharmazeutische Terminologie sowie Onomatologie.

Linde war einer der Mitbegründer der PTA-Schule in Landau und konzipierte Unterrichtsmaterialien für PTA- und Krankenpflegeschulen. Auch für Ärzte und sonstiges medizinisches Personal führte er über 20 Jahre lang Fortbildungsseminare durch. Doch auch für Patienten hatte er ein offenes Ohr und gute Ratschläge: An der Klinik führte er Arzneimittelsprechstunden für Patienten sowieso bundesweit Arzneimittelseminare für Angehörige psychisch Kranker durch.

Linde arbeitete auch kontinuierlich weiter zum pharmakokinetischer Reaktionen von Psychopharmaka. So untersuchte er im Selbstversuch Wechselwirkungen von Schwarztee und Antidepressiva und wertete die Messdaten chemisch-analytisch aus. Auch die diagnostische und therapeutische Bedeutung der sogenannten anonymen präklinischen Medikation zählte zu seinen Forschungsfeldern – Linde konnte dabei laborchemisch nachweisen, dass rund 40 Prozent der Klinikpatienten bereits vor der Aufnahme in die Klinik Psychopharmaka gegeben worden waren, ohne dass dies bei der Aufnahme angegeben wurde.

Und Linde machte sich nicht nur in der Pharmazie einen Namen, auch in Philosophie und Geschichte war er aktiv. Am Institut für Philosophie der Universität Karlsruhe hielt er eine Vorlesung zur Philosophie des Spiels. 1990 beauftragte ihn die Bezirksregierung Pfalz mit einer Untersuchung zu Verbrechen an psychisch Kranken im Nationalsozialismus. Zusammen mit zwei Mitautoren gab er eine Dokumentation heraus, in der er die Verstrickungen der sogenannten „Heil- und Pflegeanstalten“ in das Euthanasie-Programm der Nazis herausarbeitete.

Auch nach seiner Pensionierung blieb er dem Thema treu und arbeitete weiter an dem Projekt „Historiographie der NS-Verbrechen in der Psychiatrie“. Seinen Lebensabend widmete er allerdings auch der Belletristik, er verfasste Essays und schrieb Gedichte. Linde war Autor von mehr als einem Dutzend Büchern und 145 Einzelpublikationen, die zumeist in Fachbüchern und – zeitschriften veröffentlicht wurden. Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Pharmakopsychiatrie im Wandel der Zeit“ und das Studienbuch „Physik, Strahlenkunde und Chemie“.

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