Kombipräparate

Glaeske: Werbung beeinflusst Apotheker

, Uhr
Berlin -

Wenn Sie erkältet sind, dann fragen Sie lieber nicht Ihren Apotheker. Mit dieser Anmoderation startete gestern Abend der Beitrag im ZDF-Magazin „Frontal 21“ zu „umstrittenen und teuren Kombipräparaten gegen Erkältungssyptome“. Die Pharmakritiker Professor Dr. Gerd Glaeske und Wolfgang Becker-Brüser kritisierten die Rolle der Apotheker bei der Abgabe – und ihr Verhältnis zur Werbung.

Kombipräparate seien „wissenschaftlicher Kenntnisstand aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts“, so Becker-Brüser: Damals habe man die Wirksamkeit abgeleitet aus den Bestandteilen. Doch indem man auch Wirkstoffe einnehme, die man womöglich gar nicht benötige, riskiere man unnötige Nebenwirkungen, so Glaeske.

Die teuren Kombipräparate würden massiv beworben, sodass sich Verbraucher „auf der sicheren Seite“ fühlten, so Glaeske weiter. „Das ist aber ein Fehler, den der Apotheker richtig stellen müsste. Das kostet aber alles Informationszeit und wird deswegen oft nicht gemacht.“

Tatsächlich erhielten die vermeintlich kranken Frontal-Reporter (Halsweh, Kopfweh, Gliederschmerzen) in 17 von 21 Apotheken Kombipräparate wie Grippostad C, Aspirin complex und Wick Medinait. „Das spiegelt das wider, was beworben wird“, so Becker-Brüser. „Auch Apotheker sind durch Werbung beeinflusst, beispielsweise in der Fachpresse. Das schlägt massiv durch.“

Insbesondere die Verbraucherwerbung verspreche einfache Lösungen, heißt es im Beitrag. BfArM-Chef Professor Dr. Walter Schwerdtfeger sieht trotzdem keinen Handlungsbedarf: Übertreibungen gebe es auch in anderen Bereichen, bei Waschmitteln etwa, so sein etwas unglücklicher Vergleich. „Verbraucher müssen ein bisschen kritisch sein.“

Das sei aber gar nicht so leicht, wenn der Kunde mit seriös klingenden Titeln umworben werde, leitet der Beitrag über zum BVDA-Siegel „Medikament des Jahres“, mit dem Wick Medinait im Fernsehen beworben wird. „Ich war entsetzt, als ich gehört habe, dass Apotheker ausgerechnet Wick Medinait zum Mittel des Jahres gewählt haben. Sie müssten besser wissen, dass Kombipräparate problematisch sind, gerade Wick Medinait wegen des Alkoholgehalts.“

Die Autoren verweisen darauf, dass von knapp 21.000 Apotheken nur 305 vom BVDA befragt worden seien, von denen 65 Prozent für Wick Medinait gestimmt hätten. Hingewiesen wird auch darauf, dass sich der Verband eigentlich den wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder verschrieben hat.

Kombipräparate seien sinnvoll beim Vorliegen des gesamten Symptomenkomplexes, zitiert der Beitrag aus einer Stellungnahme des Verbands. Man gehe davon aus, dass „Hersteller und Apotheker pflichtgemäß über die Anwendung und etwaige Nebenwirkungen informieren“. Auch der Wick-Hersteller Procter & Gamble verweist auf die Beratungskompetenz. Die sei aber, so endet der Beitrag, oft mangelhaft und funktioniere nicht.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Lauterbach ruiniert Versorgung
Gerlach will kleine Apotheken stärken
Verwendung für Drogenkonsum
Spritzen/Nadeln: RKI fragt Apotheken
Mehr aus Ressort
PTA bedroht, Chefin hilft
Lieferengpass beendet Raubüberfall
Polizei meldet tierischen Einbrecher
Eichhörnchen versteckt sich in Apotheke

APOTHEKE ADHOC Debatte