Schlecker-Versandapotheke

Vitalsana-Mitarbeiterin packt aus

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Die niederländische Versandapotheke Vitalsana muss sich am Montag vor dem Landgericht Ulm verantworten. Die Wettbewerbszentrale wirft der Schlecker-Tochter vor, einen maßgeblichen Teil der Geschäftstätigkeiten als Apotheke in Deutschland - mithin ohne Betriebserlaubnis - auszuführen. Vitalsana bestreitet dies, doch gegenüber APOTHEKE ADHOC packte jetzt eine Mitarbeiterin aus. Danach steht fest: Pharmazeutische Beratung der Versandapotheke findet zumindest zum Teil im baden-württembergischen Kornwestheim statt.

Rund 120 Personen sind demnach in dem kleinen Ort bei Stuttgart für Vitalsana tätig: Der Dienstleister Arvato Direct Services GmbH, eine Bertelsmann-Tochter, betreibt in Kornwestheim ein Call-Center. Eine eigene Abteilung ist ausschließlich für Vitalsana tätig. Die Zeitarbeitsfirma Teamwork rekrutiert Personal.

Die Mitarbeiter werden zunächst eine Woche lang geschult und machen sich offline mit dem System vertraut. Danach wechseln sie in den aktiven Betrieb. „Für eine Woche hat jeder einen persönlichen 'Paten'. Der kontrolliert die Arbeit und gibt Tipps zum Telefonieren“, erklärt die Mitarbeiterin, die namentlich nicht genannt werden will. Nach diesen zwei Wochen arbeiten sie selbstständig. „Wenn wir Fragen haben, dürfen wir die Kunden auch kurz in die Warteschleife hängen, aber das wird nicht so gerne gesehen.“

Die meisten Angestellten sind sogenannte Call-Center-Agents (CCA). Die rund 100 Telefonisten dürfen nur Bestellungen aufnehmen und nicht beraten. „Wenn ein Kunde nur nach dem Wirkstoff des Arzneimittels fragt, dürfen wir das schon sagen. Der steht ja auch auf der Packung“, so die Mitarbeiterin.

Doch die meisten Anrufer informierten sich ohnehin über Wechselwirkungen und würden dann in die pharmazeutische Beratungsabteilung durchgestellt. Pharmazeutisches Personal und CCAs arbeiten Tür an Tür, aber in getrennten Büros. Die Fachberatung übernehmen rund 20 Fachkräfte, zwei davon sind Apotheker.

Die Telefonisten arbeiten in drei Schichten von sechs bis acht Stunden; zwischen 30 und 40 CCAs gleichzeitig. Das Call-Center ist von 7 Uhr bis 22 Uhr besetzt. „Am Morgen bearbeiten wir hauptsächlich Onlinebestellungen und Faxaufträge, danach wird telefoniert“, berichtet die Mitarbeiterin. Zehn bis zwölf Anrufer pro Stunde habe ein CCA im Durchschnitt, an guten Tagen auch mehr. In den Ferien könne es aber auch vorkommen, dass das Telefon für eine Viertelstunde schweigt. „In der letzten Zeit ist es insgesamt ruhiger geworden“, sagt die Mitarbeiterin. Einigen Kollegen sei sogar betriebsbedingt gekündigt worden.

Schlecker hält sich aus dem Treiben in Kornwestheim offenbar größtenteils heraus: „Nur alle drei oder vier Monate kommt mal jemand von Schlecker, um zu gucken, ob alles so läuft, wie es soll“, sagt die Mitarbeiterin. Ansonsten hätten die Angestellten mit der Drogeriekette nichts am Hut.

Gegenüber APOTHEKE ADHOC hatte Schlecker nach der Klageerweiterung der Wettbewerbszentrale erklärt: „Die pharmazeutisch relevanten Prozesse bei Vitalsana finden am Sitz von Vitalsana im niederländischen Heerlen statt.“ Dieses Personal befinde sich ständig vor Ort in Heerlen. „Rein administrative und vom eigentlichen pharmazeutischen Apothekenbetrieb unabhängige Unterstützungshandlungen, wie etwa Marketing und Einkaufsverhandlungen, stellen keine pharmazeutische Tätigkeiten dar und bedürfen keiner Apothekenerlaubnis“, so Schlecker.

Jetzt ließ der Konzern auf Nachfrage wissen: „Am Sitz von Vitalsana in Heerlen existieren sämtliche apothekenrelevanten Einrichtungen, insbesondere auch ein voll ausgestattetes Beratungs-Kundencenter. Alle relevanten Dienstleistungen, darunter pharmazeutische Beratung und Rezeptbearbeitung, werden dort vollumfänglich erbracht.“

Zwar unterstütze Arvato das Beratungszentrum in Heerlen, so Schlecker. Arvato erbringe Dienstleistungen aber nicht „ausschließlich für Vitalsana in Deutschland“. Vielmehr sei Arvato an deutschen Standorten für zahlreiche andere Auftraggeber aus dem pharmazeutischen Sektor, einschließlich anderer Apotheken, tätig.

Der Vorwurf der Wettbewerbszentrale richtet sich gegen ein Büro von Vitalsana-Geschäftsführer Klaus Hübner in der Schlecker-Zentrale in Ehingen. Inwieweit die Aktivitäten der Versandapotheke im baden-württembergischen Call-Center eine Rolle spielen, müssen jetzt die Richter entscheiden. Laut Apothekenbetriebsordnung gehören „Information und Beratung“ zu den pharmazeutische Tätigkeiten. Diese Anforderungen sind auch an die Apothekenbetriebsräume geknüpft.

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