Kommentar

Alphega und das Omega

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Berlin -

„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“ Alliance hat gewonnen – aus Vivesco wird Alphega. Aber ein schlimmeres Ergebnis hätten sich die Verantwortlichen am Ende einer denkwürdigen Veranstaltung kaum vorstellen können: Die kleinstmögliche Mehrheit der Mitglieder sprach sich für die Umbenennung aus. Der Neustart unter neuer Farbe wird ein schwieriges Unterfangen.

In jeder Kooperation gibt es aktive Apotheker, aber es gibt eben auch immer solche, die nur noch aus Gewohnheit dabei sind. Vor allem die Verbünde des Großhandels stehen eher für Masse statt Klasse. Dass Alliance jetzt Mitglieder verlieren wird, ist absehbar und vermutlich auch einkalkuliert. Für eine Kooperation kann so ein Prozess auch heilsam sein.

Die Gefahr für Alliance besteht darin, dass eine nennenswerte Anzahl nicht nur der Kooperation den Rücken kehrt, sondern in einem Aufwasch auch gleich den Großhändler wechselt. Immerhin hatten sich die Konkurrenten schon vor der Abstimmung die Vivesco-Klinken in die Hand gegeben. Nach dem unglücklichen Verlauf der Wahl dürfte der Wettbewerb noch einmal merklich anziehen.

Apothekenkooperationen haben es heute ohnehin nicht so leicht wie seinerzeit im Bannkreis des EuGH-Urteils. Als das Kettengespenst durch die Republik klapperte, suchten noch viele Apotheker Unterschlupf bei einer Dachmarke; das wusste insbesondere die Anzag gezielt zu nutzen. Derzeit scheint der Markt ziemlich gesättigt, die Außendienstler tippeln mühevoll durch die Lande.

Warum sollten Apotheker jetzt Vivesco ab- und Alphega anschrauben? Das oft vorgetragene Argument der größeren Einkaufsmacht ist nicht besonders schlüssig. Gegenüber der Industrie sind Name und Farbe einer Kooperation weniger entscheidend als der Durchgriff auf das Warenlager der teilnehmenden Apotheken. Dem sind in Deutschland aber nicht nur rechtliche Grenzen gesetzt, sondern auch solche der Mentalität.

Alliance wird weiter versuchen, diese Grenze zu testen und gegebenenfalls zu verschieben. Die Geheimniskrämerei um die Zukunft der deutschen Kooperation, die fragwürdige Wahlveranstaltung und die Angebote zum Personalmanagement deuten den Weg an, den die Konzernspitze einschlagen möchte. Dass die „Verbindlichkeit“ gegenüber der Industrie erhöht werden soll, ist sogar ein unmissverständliches Signal.

Ein Signal, das auf eine Befürchtung der Kritiker einzahlt: Welchen Eindruck soll die Politik von inhabergeführten Apotheken haben, die nach der Übernahme ihres Großhändlers kollektiv ihren Namen wechseln? Nicht auszuschließen, dass Alliance damit eine neue Debatte in der Politik lostritt. Hoffentlich bleibt in Erinnerung, dass keinen 100 Apothekern die Identität ihrer Dachmarke überhaupt am Herzen lag.

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