Hinter verschlossenen Türen wird seit Monaten an der „dm-Apotheke“ gefeilt. Gebetsmühlenartig betont Konzernchef Christoph Werner, dass seine Kette dort einspringen will, wo die Arzneimittelversorgung in Deutschland auf der Kippe zu stehen droht. In bester „Wolf im Schafspelz“-Manier begibt er sich auf eine Ebene mit anderen ausländischen Versendern. Ein Kommentar von Carolin Ciulli.
Die Drogeriekette dm will sich mit einem eigenen OTC-Versand in Stellung bringen – und Werner sucht Kontakt zu allen Marktteilnehmern, um für sein Konzept zu werben. Doch seine angestrebte Markteroberung hat mehrere Haken. Rechtlich ist es äußerst fragwürdig, ob sich dm mit den Plänen nicht in die Nesseln setzt.
Auch wenn intern betont wird, dass die „dm-Apotheke“ nur ein Drittanbieter sei: Schon der Name verrät, dass das eigentlich Ziel genau das Gegenteil ist. Nicht nur aus ökonomischen Gründen soll die OTC-Lieferung im dm-Paket kommen. dm will zur Apotheke werden, daraus macht Werner gar kein Geheimnis.
Während Werner also einerseits so tut, als ob dm die einzig richtige Antwort auf die Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung sei, und hinter den Kulissen für mehr Einfluss lobbyiert, packen seine Juristen und Strategen das Konzept derzeit noch in Watte. Denn dm darf keine Apotheke sein, das weiß man auch in Karlsruhe.
Dass man trotzdem mit einer Behelfslösung in Tschechien in den Markt drängt, zeigt, welches Kalkül wirklich dahintersteckt. dm will in den Markt und legt es darauf an, den deutschen Apothekenmarkt weiter zu destabilisieren. „Apotheken nicht mit Geld retten“, lautete Werners unverblümte Botschaft vor einigen Wochen. Was er nicht erwähnt: Das OTC-Geschäft soll in Wirklichkeit die Drogeriekette selbst schützen, die ihrerseits von Discountern und Supermarktketten, aber auch Mitbewerbern, die ihre Webshops aufhübschen, unter Druck gesetzt wird.
Seine Apothekenträume basieren auf Rosinenpickerei – und auf Umgehung von Vorschriften, die nicht nur einen ordnungspolitischen Zweck, sondern auch einen Verbraucher schützenden Kern haben. Wie DocMorris & Co. vor mehr als 20 Jahren setzt jetzt dm auf das eigene finanzielle Polster und einen vermeintlich rechtsfreien Raum, um bestehende Strukturen zu sprengen.
Die Vor-Ort-Apotheken können die Arzneimittelversorgung weitaus besser bewerkstelligen und sind mit Botendienst und Versandoptionen gut aufgestellt, um auch nichtmobile Kundschaft zu versorgen. Was die Menschen brauchen, ist keine „dm-Apotheke“ mit Schnelldrehern, sondern eine Politik, die die bestehenden Arzneimittelexperten vor Ort finanziell so unterstützt, dass sie ihre Arbeit weiter machen können.
Gänzlich offensichtlich wird das Mogelpaket, wenn es um die Beratung geht. Man setze auf die Selbstbestimmtheit der Kundschaft, das klingt liberal und seriös, heißt aber übersetzt: Persönliche Beratung kann dm nicht leisten, weder beim Versand noch in den Filialen.
So wird der eigene Anspruch, die Fähigkeiten der Menschen zu fördern, verantwortungsvolle Entscheidungen für ihre Gesundheit und Medikation zu treffen, zur Farce. Und dm riskiert, sich am Arzneimittelbereich die Finger zu verbrennen und am Ende nicht viel besser als die wirklichen Discounter dazustehen.