Fälschungsrichtlinie

Däinghaus will Scanner an Apotheken verkaufen

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Berlin -

Ralf Däinghaus ist zurück – wieder einmal: Der DocMorris-Gründer will nach mehreren gescheiterten Anläufen mit einem Angebot zur Authentifizierung von Arzneimitteln erneut auf dem Apothekenmarkt mitspielen – nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamtem EU. Im Herbst letzten Jahres gründete er mit seinem niederländischen Partner Guilaume Jetten die Firma Medaspis. Sie bieten Scanner im Format von Smartphones an, mit denen Packungen ab 9. Februar 2019 auf Echtheit überprüft werden können. Im Zusammenhang mit der EU-Fälschungsrichtlinie geht es um zehn Milliarden Scans im Jahr.

„Das Geschäft läuft wie geschnitten Brot“, berichtet Däinghaus, der gerade in Polen, Rumänien und Bulgarien unterwegs ist, um vor allem Krankenhäuser von seiner Geschäftsidee zu überzeugen. Auch in Deutschland hat er schon bei Kliniken und beim Großhandel angeklopft. Die Tür ist aber noch versperrt.

„Es ist unser erklärtes Ziel, die Fälschungsrichtlinie unter Berücksichtigung der bestehenden Abläufe zu nur geringen zusätzlichen Kosten einzuführen“, wirbt Däinghaus auf der Medaspis-Website für sein Produkt: „Unser Augenmerk gilt Endanwendern wie öffentlichen Apotheken, Krankenhausapotheken sowie dem Großhandel, die alle ihre internen Abläufe an die neuen Regeln anpassen müssen.“

Hier sieht der DocMorris-Gründer erhebliches Potenzial: „Die Krankenhauswelt ist viel komplizierter als die Apotheke vor Ort“, so Däinghaus. Die mit der Arzneimittelfälschungsrichtline erforderliche Authentifizierung aller Arzneimittelpackungen passe nicht in die bisherigen Abläufe der Kliniken. Daher hat er einen industrietauglichen Scanner entwickelt, der sofort einsatzbereit und einfach zu bedienen sein soll. Außerdem kann das Gerät nach seinen Angaben mit allen möglichen Softwaresystemen kommunizieren: „Es kann so einfach sein: Der gesamte Authentifizierungsdienst ist von einem Tag auf den anderen einsatzbereit. Einfach einloggen und loslegen“, lautet seine Werbebotschaft.

In Polen läuft derzeit ein Test der Geräte in Krankenhäusern, berichtet Däinghaus. „Wir sagen, wir sind da, unsere Lösung ist so einfach wie ein Smartphone“, hofft Däinghaus auf den Einstieg auch in den deutschen Markt. Denn auch in Deutschland müssen alle Krankenhäuser ohne eigene Apotheke die Arzneimittelpackungen scannen – ebenso Großhändler, der „Graumarkt“, Parallelimporteure und die Retourenabteilungen der Hersteller. Däinghaus: „Jeder Spot-Seller muss das tun.“ Da wartet viel Arbeit.

Nach eigenen Angaben hat Däinghaus bereits „mehrere Hundert“ Scanner für 1100 Euro das Stück verkauft. Doch das große Geld machen will er nicht mit der Hardware, sondern mit dem Scannen. Für jeden Scan mit einem seiner Geräte müssen die Nutzer eine Gebühr zahlen. Deren Höhe will der DocMorris-Gründer nicht verraten. Nur so viel: Für Kleinkunden bis zu einer jährlichen Nutzung von 5000 Verifikationen ist der Service kostenlos. Es gibt weitere fünf Preisgruppen, die oberste Stufe greift ab 2,5 Millionen Scans. Rechnet man einen Cent pro Scan, handelt es sich um ein EU-weites Marktvolumen von 100 Millionen Euro pro Jahr. Von diesem Kuchen will sich Däinghaus ein Stück abschneiden.

Die neue Firma residiert in einer ansehnlichen Villa im niederländischen Aerdenhout unweit des bekannten Ferienorts Zandvoort und gleich hinter dem noblen Kennemer Golf & Country Club. Sein Geschäftspartner ist ein alter Bekannter von Däinghaus; Jetten war Finanzchef beim britischen Datendienstleister Aegate, bei dem Däinghaus im Januar 2016 die Leitung der deutschen Niederlassung übernommen hatte. Mitte 2017 ging Aegate pleite.

Ob der inzwischen 50-jährige Däinghaus mit der neue Geschäftsidee in Deutschland erfolgreich durchstarten kann, bleibt abzuwarten. Auf dem deutschen Markt jedenfalls sind die Authentifizierungs-Claims so gut wie verteilt. Hier hat Securpharm das Sagen. Großhandel und Apotheken nutzen die eigens dafür entwickelte Soft- und Hardware. Ob es Däinghaus gelingt, mit seinen Scanner ins Klinikgeschäft vorzustoßen, ist ebenfalls noch nicht entschieden. Derzeit laufen zwischen Klinikapotheken, klinikversorgenden Apotheken und dem Bundesgesundheitsministerium noch Gespräche über die praktische Umsetzung der Fälschungsrichtlinie.

Das Problem: Die nicht nur für die öffentlichen Apotheken geltende Pflicht, die einzelnen Packungen unmittelbar vor der Abgabe zu prüfen und das Erkennungsmerkmal zu aktivieren, würde insbesondere bei Großlieferungen in Kliniken zu einem unverhältnismäßig hohen personellen und zeitlichen Aufwand führen. Kliniken müssten Personal bereitstellen, um die auf Paletten gelieferte Ware einzeln zu erfassen. Hier kämen die Scanner von Däinghaus ins Spiel.

Allerdings wird derzeit nach praktikableren Lösungen gesucht. Im Gespräch ist ein aggregierter Code, der die gleichzeitige Deaktivierung mehrerer Packungen mit individuellen Erkennungsmerkmalen ermöglicht. Dieser könnte auf die äußere Umhüllung von Großlieferungen aufgebracht werden. Wegen des zusätzlichen Aufwands lehnen dies die Hersteller allerdings ab. Alternativ vorgeschlagen wurde, die individuellen Erkennungsmerkmale einer Großlieferung parallel zur physischen Lieferung an den Empfänger zu senden.

Däinghaus kann sich die Wartezeit bis zur Entscheidung für den deutschen Klinikmarkt leisten. Schließlich wurde sein Ausstieg bei DocMorris beim Verkauf an Celesio (heute McKesson) mit einer zweistelligen Millionen-Summe vergoldet. Seitdem versucht der DocMorris-Gründer immer wieder, mit neuen geschäftlichen Aktivitäten an seinen früheren Erfolg anzuknüpfen. Die Sache mit Aegate war wegen der Pleite nur ein kurzes Intermezzo.

Däinghaus verabschiedete sich zum 1. August 2009 bei DocMorris. „Ich habe neun Jahre öffentlich für DocMorris gestritten“, schrieb er in seinem Blog. „Die, die es sehr gestört hat, brauchen sich nicht mehr ärgern: Kein Apotheker-Schreck mehr. Kein Beschleuniger. Kein kreativer Zerstörer mehr. Kein Robin Hood. Kein David gegen Goliath. Es wird, was das betrifft, entspannt im Apothekenland.“

Zehn Jahre zuvor hatte er auf einer Party in Hamburg den niederländischen Apotheker Jaques Waterval kennengelernt, der in Kerkrade eine Apotheke betrieb und ihm berichtete, dass viele seiner Kunden aus Deutschland kämen. Däinghaus sah das Potenzial und so stürzte er sich mit DocMorris auf den deutschen Apothekenmarkt.

Am 29. März 1967 geboren, wuchs Däinghaus in Wipperfürth bei Köln auf. „Mein Opa war Bauer, mein Vater Dreher. Er hat sich auf dem zweiten Bildungsweg qualifiziert. Ich war der Erste aus unserer Familie, der studiert hat“, gab er später gegenüber der Berliner Zeitung zu Protokoll. Nach der Bundeswehr ging er nach Erlangen, um Informatik zu studieren. Danach arbeitete er zwei Jahre lang als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Fraunhofer-Institut in Stuttgart; er leitete in der Abteilung Produktionstechnik und Automatisierung im Maschinenbau die Arbeitsgruppe „Virtuelle Realität“.

1995 holte ihn der Medienkonzern Burda als Leiter des Cyber Lab an Bord; Dort sollte er den Verlag in die Internetära führen. Doch Däinghaus blieb nur einige Monate: „Ich dachte, wenn ich schon so ein großer Experte bin, müsste mehr daraus zu machen sein.“

Im Februar 1996 gründete er gemeinsam mit einem Kollegen bei Burda, dem späteren Dokumentarfilmer Andreas Stütz, die Internetagentur Yellow Planet in München. Das Start-up erstellte Websites für ProSieben, MSN und Polyglott und wurde nur zwei Jahre später an den TV-Hersteller Loewe Opta verkauft, der es auf die von der Firma entwickelte Technologie zum Internetsurfen mit dem Fernseher abgesehen hatte.

Gemeinsam mit Waterval gründete Däinghaus am 8. Juni 2000 in Landgraaf die Apotheke 0800DocMorris – benannt nach dem Privatauto des niederländischen Apothekers. Das Ladengeschäft war in einem barackenartigen Gebäude untergebracht, im Hof wurden Container aufgestellt, aus denen heraus zunächst fünf Mitarbeiter ein kleines Sortiment von 350 Medikamenten für den Versand vorbereiten. Heute ist DocMorris Europas größte Versandapotheke.

Nach seinem Ausstieg bei DocMorris versuchte es Däinghaus wieder mit einer Neugründung: Kunesto sollte eine Art „Seniorenclub“ werden. Das Projekt scheiterte und Däinghaus und seine Investoren verloren einen Millionenbetrag.

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