Dänemark

Drogerien greifen Apotheken an

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In Dänemark haben Lobby-Gruppen zum Angriff auf den Apothekenmarkt geblasen: Auf Initiative der radikal-liberalen Minderheitspartei „Liberale Allianz“ lässt das Wirtschaftsministerium jetzt untersuchen, welche Auswirkungen eine Marktöffnung hätte. Die Liberalen haben sich schon mehrfach über die strengen Regulierungen auf dem Apothekenmarkt beklagt: Sogar von „sowjetrussischen Verhältnissen“ war die Rede. Im Falle einer Liberalisierung steht die neue Konkurrenz schon in den Startlöchern: Die dänische Drogeriekette Matas will auch verschreibungspflichtige Medikamente abgeben.

Die Untersuchung soll sich insbesondere mit den Auswirkungen auf Apothekendichte und Arzneimittelpreise beschäftigen: „Es sollen konkrete Liberalisierungsmodelle erarbeitet werden, die zu niedrigeren Arzneimittelkosten führen“, heißt es in einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums. Grundlage des Gutachtens sollen Berichte aus anderen Ländern werden: „Die Studie wird sich auf Erfahrungen aus Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Irland und Norwegen stützen.“ In diesen Ländern habe sich der Zugang zu Arzneimitteln durch eine höhere Apothekenzahl verbessert. Das konservativ geführte Wirtschaftsministerium will in den kommenden Wochen eine Expertenkommission ernennen, die das Gutachten erstellen soll.

Die Argumentation findet sich in weiten Teilen auch in einer Kommunikationskampagne der Drogeriekette Matas: „Eine Marktliberalisierung hat schon in unseren Nachbarländern zu extrem positiven Ergebnissen geführt“, sagt ein Unternehmenssprecher. Mit Presseartikeln flankiert die Kette den politischen Vorstoß.

Matas, seit 2007 im Besitz der Finanzinvestoren „CVC Capital Partners“, gibt sich selbstbewusst: Bereits heute kaufe jede dänische Familie bei Matas ein. „Mit unseren 300 Filialen könnten wir bedeutend zur Zunahme der Apothekenzahl beitragen“, so der Sprecher. Seit 2001 bietet die Kette OTC-Arzneimittel an. „Wir wollen unseren Service um die Möglichkeit der Abholung von verschreibungspflichtigen Medikamenten ausbauen.“

Auch für die Besetzung des Expertengremiums hat Matas klare Vorstellungen: „Wir schlagen vor, dass der dänische Verbraucher-Rat daran teilnimmt“, so der Sprecher. Dessen Einstellung zur Liberalisierung scheint klar zu sein: „Im Internet liegt großes Potential für die Arzneimittelversorgung. Vielleicht müssen Patienten ihre Arzneimittel nicht immer in Anwesenheit eines Apothekers bekommen“, heißt es in einem Mitteilungsblatt der Organisation, die sich aus öffentlichen Mitteln und Einnahmen aus Testberichten finanziert.

Für die dänischen Apotheker ist klar, warum sich Matas so sehr ins Zeug legt: Die Kette stehe unter massivem Druck der renditeorientierten Investoren, heißt es. Dass die Minderheitspartei „Liberale Allianz“ sich mit ihrer Initiative bei der liberal-konservativen Regierung durchsetzen konnte, ohne selbst überhaupt an der Macht zu sein, könnte „Teil eines größeres Deals“ sein.

Die Apotheker setzen auf Zeit: Im November werden die Dänen zur Wahlurne gebeten. Die konservativ-liberale Regierung liegt in den Umfragen derzeit weit hinter einer von den Sozialdemokraten angeführten Koalition, die mit einer Deregulierung bislang nichts am Hut hat.

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