Griechenland

Discount-Ketten und Paracetamol XXL

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Berlin -

Die Troika hat im griechischen Apothekenwesen Effizienzreserven entdeckt – und drängt die Regierung in Athen zu einer weit reichenden Liberalisierung. Als Grundlage für die Forderungen dient ein aktuelles Gutachten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Den Experten zufolge wird auch durch Regelungen wie Fremdbesitzverbot und Apothekenpflicht die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gebremst.

Das Fremd- und Mehrbesitzverbot beschränkt laut Studie den Pool an Unternehmern und Investoren auf dem Apothekenmarkt: „Ein gut ausgebildeter Apotheker mag die beste Person für die Arzneimittelabgabe sein, aber nicht notwendigerweise für die Betriebsführung“, heißt es in dem Bericht. Neues Kapital bringe Wachstum und Beschäftigung, führe zu professionellerem Management und mehr Effizienz.

Ohne Apothekenketten sei die Versorgung schlechter und teurer, da kleine Unternehmen weniger innovationsfähig seien und keine Skaleneffekte erzeugen könnten. Aus diesem Grund sollten alle Besitzbeschränkungen aufgehoben werden, so die Empfehlung. „Mit Nichtapothekern als Inhabern ist davon auszugehen, dass der Wettbewerb über Preis und Angebot steigt.“ Als Beispiel nennen die Autoren eine Ausweitung des Randsortiments an Nahrungsergänzungsmitteln, Kosmetika und Babyprodukten.

„Gesundheitliche Aspekte sind zu vernachlässigen, da ein angestellter Apotheker für die Abgabe von Arzneimitteln verantwortlich sein wird“, heißt es in dem Bericht weiter. Überhaupt könne auch der Berufsstand profitieren, da Ketten mehr Mitarbeiter einstellen könnten. Dazu müssten allerdings auch die bestehenden Regeln zum Verhältnis aus Approbierten und Hilfskräften abgeschafft werden.

Weil sich Ketten eher in urbanen Gegenden niederließen, sprechen sich die Autoren dafür aus, ein System der Bedarfsplanung beizubehalten. Allerdings sollte es keine festen Mindestabstände zwischen Apotheken geben.

Auch die Vorgaben zu den Öffnungszeiten sollten gelockert werden; zumindest sollten die lokalen Standesvertretungen angesichts möglicher Interessenkonflikte keine Sanktionen mehr aussprechen können.

Kritisch sehen die Gutachter auch die Apothekenpflicht für OTC-Medikamente. Denn anders als in Griechenland sei in vielen Ländern der Verkauf auch in Drogerien und Supermärkten erlaubt – angeblich übrigens auch in Deutschland. Eine Freigabe der Vertriebswege und der bestehenden Preisvorschriften hätte laut Studie zahlreiche positive Effekte für die Allgemeinheit: Verbraucher profitierten von kürzeren Wegen, niedrigeren Kosten und mehr Auswahl. Dazu kämen indirekte Effekte nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für die Werbebranche oder den Immobilienmarkt.

Die Autoren verweisen auf internationale Erfahrungen, die belegen sollen, welchen Preisrutsch die Entlassung aus der Apothekenpflicht bewirken kann. Um zu beweisen, dass Kettenkonzerne mit ganz anderen Spannen arbeiten würden, werden außerdem die Margen der griechischen Apotheken mit denen der Supermärkte verglichen.

Insgesamt, so der Schluss, könnten in dem 372 Millionen Euro schweren OTC-Markt Griechenlands Effizienzreserven von 102 Millionen Euro gehoben werden. Dass der Bereich wegen der rigiden Vorschriften unterentwickelt ist, lässt sich laut Studie übrigens auch daran ablesen, dass Paracetamol nur in kleinen Packungen vertrieben wird und damit im internationalen Vergleich teuer ist. Der Vollständigkeit halber geben die Autoren aber auch zu, dass ASS wiederum vergleichsweise billig zu haben ist.

Ein Jahr lang hatten sich die Experten mit den griechischen Gesetzen auseinander gesetzt. Auch in anderen Branchen wie der Lebensmittelverarbeitung, dem Tourismus und im Baugewerbe sehen die Gutachter Hemmnisse. Würden 555 Vorschriften abgeschafft, könnten 5,2 Milliarden Euro an Effizienzreserven gehoben werden, so das Fazit. Knapp die Hälfte entfällt auf Vorschriften für den Einzelhandel.

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