Kassen können Erstattung verweigern

Gutachten der Rechenzentren: E-Rezept ist Risiko für Apotheken

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Berlin -

Sollte das E-Rezept auf dem aktuellen Stand zum Jahreswechsel eingeführt werden, gehen die Apotheken ein erhebliches Risiko ein, dass die Verordnungen nicht von den Krankenkassen erstattet werden. Zu diesem Schluss kommt ein anwaltliches Gutachten, das der Verband der Deutschen Apothekenrechenzentren (VDARZ) in Auftrag gegeben hat.

Aus Sicht der Rechenzentren sind zentrale Fragen der Abrechnung nicht geklärt, insbesondere der extrem kritisch Haftungsübergang. Denn eine qualifizierte Quittung für die Übergabe der Rezepte an die Krankenkassen gibt es bislang nicht. Weil die Gematik und das übergeordnete Bundesgesundheitsministerium (BMG) bislang an einer Einführung des E-Rezepts festhalten, haben die Rechenzentren ein Gutachten über die aktuellen Probleme bei der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen in Auftrag gegeben.

Dia Analyse der Rechtsanwälte Dr. Morton Douglas und Dr. Lukas Kalkbrenner liegt nunmehr vor – und kommt zu einem ziemlich vernichtenden Urteil über das Projekt: „Das E-Rezept entspricht in seiner aktuellen Form nicht dem Stand der Technik, insbesondere mit Blick auf die Sicherheit vor Manipulationen. Daraus ergeben sich erhebliche Risiken hinsichtlich der Abrechenbarkeit elektronischer Verordnungen.“ Unklar sei vor allem, ob die Einhaltung technischer Spezifikationen gegeben sein muss, damit ein E-Rezept als ordnungsgemäß ausgestellt gilt.

Die Testphase in der Fokusregion Berlin-Brandenburg habe zahlreiche Probleme im Umgang mit E-Rezepten offenbart, die aus Sicht des VDARZ eine flächendeckende Einführung zum Jahreswechsel gefährden. Die Rechenzentren hatten mehrere Schwachstellen aufgezeigt. Diese könnten laut Gutachten „möglicherweise dazu führen, dass die Annahme eines E-Rezeptes aktuell, bis die Defizite behoben sind oder eine verbindliche Vorgabe des Bundesministeriums für Gesundheit vorliegt, eine individuelle Entscheidung der jeweiligen Krankenkasse ist“.

Das heißt konkret: Die Apotheken bekommen einfach kein Geld. „Das Ministerium wurde bereits über die Schwachstellen in Kenntnis gesetzt, ohne dass eine inhaltliche Reaktion beziehungsweise ernsthafte Befassung mit den aufgeworfenen technischen Defiziten festgestellt werden konnte“, moniert das Gutachten weiter.

Kritisch daran ist aus Sicht der Anwälte vor allem, dass die Ärzt:innen, Apotheker:innen und Rechenzentren keinen Einfluss auf die von der Gematik zur Verfügung gestellten Komponenten hätten. Der VDARZ befürchtet, dass die Apotheken „letztendlich die Leittragenden der dargestellten Schwachstellen werden könnten, wenn ihr Vergütungsanspruch aus formalen Gründen seitens der Krankenkassen abgelehnt wird“. Der Verband fragt sich zudem, ob die eigenen Mitglieder die E-Rezepte unter diesen Umständen überhaupt an die Krankenkassen weiterleiten dürfen.

Klare Regeln notwendig

Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass Regelungsbedarf besteht, um diese Risiken auszuschließen. Denkbar wäre demnach, dass die Gematik Quittungen ausstellt und damit die Erstattung nicht aufgrund technischer Spezifikationen versagt werden kann. Ohne die Klarstellung durch den Gesetzgeber, was unter einer ordnungsgemäßen elektronischen Verordnung zu verstehen und wie damit umzugehen ist, könne weder den Apotheken empfohlen werden, eine elektronische Verordnung entgegenzunehmen noch den Apothekenrechenzentren, eine solche elektronische Verordnung abzurechnen, so das Fazit des Gutachtens.

Die Rechenzentren sind laut Douglas und Kalkbrenner in der Zwickmühle: Wenn sie die Überprüfung der Einhaltung der technischen Vorgaben vertraglich ausschließen, könnte die Abrechnung später verweigert werden. Nehmen sie die Überprüfung vor, könnten sie nur feststellen, dass die technischen Vorgaben nicht eingehalten werden, könnten diese aber auch nicht heilen.

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