Keine Laufkundschaft und leere Sammelstelle

E-Rezept: Apothekerin beklagt 30 Prozent Umsatzrückgang

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Berlin -

Die Einführung des E-Rezepts zu Jahresbeginn bringt den Apothekenalltag mitunter durcheinander. In einer kleinen Landapotheke in Bayern sorgt die digitale Verordnung für ein sattes Umsatzminus. Denn in der Praxis nebenan werden die Rezepte nicht direkt signiert. „Die ganze Laufkundschaft fällt dadurch weg“, sagt die Apothekerin. „Die Signatur von Rezepten ist gerade ein großes Problem.“ Auch die Rezeptsammelstelle lohne sich nicht mehr.

Die Apotheke wurde erst im Dezember übernommen. Die Apothekerin will namentlich lieber nicht genannt werden, um auch die Praxis zu schützen. Der Arzt sei älter und sehr bemüht, betont sie. Im Gespräch versuchte sie bereits, ihm ihr Dilemma zu erklären. Doch der Mediziner sei vom alten Schlag. „Er hat das E-Rezept irgendwie umgesetzt und kommt zurecht, aber unterzeichnet eben nicht gleich.“

Langsame Praxissoftware

Ein Hindernis ist aus Sicht der Apothekerin die Software für die Praxisverwaltung. Pro Rezept dauere es 30 Sekunden, das sei dem Arzt zu lange. Die Komfortsignatur sei zwar eingerichtet, aber auch hier nähmen zehn Rezepte drei bis vier Minuten in Anspruch. „Die Softwarehäuser der Ärzte sind eben wie sie sind. Auch Lieferengpässe kriegen die nicht gemeldet. Ich habe erst letzte Woche zwei Rezepte mit Trulicity bekommen.“

Der Arzt sei sehr bemüht und wolle, dass die Apotheke erhalten bleibe. „Er ist willig und ganz lieb“, sagt die Inhaberin. Sie sei zuversichtlich, dass er die Verordnungen künftig schneller unterschreiben werde. Besonders Apotheken in Ärztehäusern klagen darüber, dass den Patient:innen geraten wird, erst einige Stunden nach dem Arztbesuch, eine Apotheke aufzusuchen. Andere müssen das Personal neu einteilen, da sich der Kundenstrom verschiebt.

30 Prozent weniger Umsatz

Seit Anfang Januar fehlen dem Betrieb in Bayern 30 Prozent des Umsatzes. „Die Kunden sind sauer, weil wir es nicht hinkriegen, ihr Arzneimittel auf der Gesundheitskarte zu finden. Wir erklären es dann zwar freundlich, die Kunden von außerhalb hören zu, gehen aber und kommen nicht wieder.“ Nur die Stammkundschaft schaue später noch einmal in der Offizin vorbei und löse die Rezepte ein.

Die Arzneimittelversorgung auf dem Land ist mit dem E-Rezept mancherorts eingeschränkter als zuvor. Gerade nicht mobile Kund:innen hätten es schwerer, an ihre Arzneimittel zu kommen. Denn wenn die Praxis nicht direkt signiert, kommen sie nicht an ihre Arzneimittel. Eine zweite Anfahrt ist nötig, die mit Organisation verbunden ist. Für den Botendienst lohne es sich nicht, zunächst die Gesundheitskarte abzuholen und das Arzneimittel mit einer zweiten Anfahrt zu liefern. „Nur wenige trauen sich, ihr Kärtchen bei uns zu lassen, dass wir die Arzneimittel später mit dem Botendienst bringen können. Das ist ja verständlich.“

Anspruch auf Ausdruck

Auch eine Rezeptsammelstelle, die die Apotheke gemeinsam mit einem Mitbewerber betreibt, sei die vergangenen Wochen meist leer geblieben. „Wir haben eine Praxis dort, die einfach keinen Ausdruck des E-Rezepts macht.“ Der Arzt arbeite nur mit den Gesundheitskarten.

Dabei haben Patient:innen einen gesetzlich verankerten Anspruch auf einen Ausdruck, wenn sie dies wünschen. Darüber informierte auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Geregelt ist dies im § 360 Sozialgesetzbuch (SGB V).

Auf dem Ausdruck befindet sich ein Rezeptcode, mit dem die Apotheke auf die Verordnung zugreifen kann, sollten die Daten nicht über die eGK oder die App abgerufen werden können. Der Ausdruck wird mithilfe der Praxissoftware erstellt und muss nicht handschriftlich unterzeichnet werden.

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