„Niemals die eGK einwerfen“

E-Rezepte im Briefkasten: Nur per Papierausdruck

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Berlin -

Im März musste die einzige Apotheke in Ducherow plötzlich schließen. Um die Arzneimittelversorgung der etwa 2000 Einwohner aufrechtzuerhalten, stellte Dr. Katharina Schmiedel, Inhaberin der Adler-Apotheke im etwa 12 Kilometer entfernten Anklam, insgesamt vier Rezeptbriefkästen in der ländlichen Gemeinde auf. Doch wie werden solche Sammelstellen eigentlich in Bezug auf das E-Rezept aktuell genutzt? „Mit Digitalisierung hat das nicht viel zu tun“, findet Schmiedel.

Seit einer guten Woche werden von etlichen Arztpraxen vermehrt E-Rezepte ausgestellt. In Anklam und in der näheren Umgebung sieht die Lage derzeit gemischt aus: „Einige Arztpraxen haben schon sehr früh auf E-Rezept umgestellt, andere Praxen stellen nach wie vor und aus guten Gründen altbewährte Papierrezepte aus“, so die Schmiedel, die neben ihrer Hauptapotheke auch vier Rezeptkästen in der Nachbargemeinde aufgestellt hat.

„Seither haben wir in Ducherow mit den Rezeptkästen gute Erfahrungen gemacht und die Rückmeldungen ehemals umsorgter Patienten sind durchweg positiv. Auch im Zeitalter des E-Rezeptes wird sich gar nicht so schrecklich viel ändern“, so die Inhaberin. „Wenn es richtig losgeht, ist nur der Einwurf des ausgedruckten Tokens vorgesehen. Dies ermöglicht es uns, insbesondere diejenigen Patienten niederschwellig mit Medikamenten zu versorgen, die selbst nicht in die Apotheke kommen können oder sich beispielsweise mit der Gematik-App nicht so gut auskennen“, so die Apothekerin. „Ich rate jedem dringend davon ab, auf die Idee zu kommen, dort seine eGK einzuwerfen“, appelliert sie.

50 Cent für Papier-Ausdruck

Denn: „Wir hatten erst kürzlich einen Anruf einer Patientin, die ihre Karte irgendwo stecken ließ und dann aber am Wochenende per Notruf ins Krankenhaus musste. Sie hatte nichts in der Hand. So wäre es auch bei unseren Patienten, wenn sie die Karte einwerfen würden.“

Des Weiteren wurde ihr berichtet, dass „eine Arztpraxis aus dem näheren Umfeld 50 Cent für den Ausdruck eines E-Rezeptes“ von den Patienten erhebe. „Das darf natürlich so nicht sein.“ Zudem ließen die Patienten anfangs gefühlt überall die Karte liegen, berichtet sie: „Wir haben schon mehrfach den Kunden hinterhertelefoniert oder die Karte auch mal per Botendienst zurückgebracht“, so die Inhaberin.

Eine weitere Sache bereitet Schmiedel große Sorge: „Hier auf dem Land ist es noch schwierig mit durchgehendem Internet beziehungsweise dem Empfang“, so die Apothekerin. Im Hinblick auf die Möglichkeit, die E-Rezepte auch per Gematik-App zu schicken, hat sie Bedenken: „Gerade die älteren Leute kommen damit überhaupt nicht klar und sind überfordert, wenn sie sich das alles einrichten sollen. Am besten kommen die Menschen mit dem Ausdruck des E-Rezeptes klar, aber was hat das denn noch mit der Digitalisierung zu tun?“

E-Rezept und Muster-16

Es gibt noch weitere Kleinigkeiten, die Schmiedel aufgefallen sind: „Wenn Diabetiker in die Apotheke kommen, dann haben sie theoretisch das Insulin auf dem E-Rezept, aber die passenden Nadeln dazu müssen auf Papierrezept verordnet werden, da diese ein Hilfsmittel sind. Das ist absurd.“ Zudem kommen Systemausfälle: „Erst neulich hatte ich abends noch einen zweistündigen Stromausfall. In solch einer Situation kann ich im Nachhinein nicht kontrollieren, ob noch alle Rezepte da sind. Zwar wird gesagt, es würde nichts verloren gehen, aber nachvollziehbar ist es für mich nicht“, bedauert sie.

„Für uns steht hinter dem Ganzen eine enorme Summe. Alles und jeder ist in irgendeiner Form abgesichert, so war es auch bei der Rezeptabholung der Muster-16-Formulare. Nun soll das aber nicht mehr so einfach möglich sein. Für mich ist das wie eine Art Black Box“, so die Inhaberin.

Insgesamt müsse man feststellen, dass „die Einführung des E-Rezeptes in einer Zeit mit akuten Lieferengpässen wichtiger Arzneimittel aktuell für die beteiligten Akteure vielfach mit Mehrbelastung und Doppelarbeit verbunden ist“, so die Apothekerin. „So kann es auch für die Patienten zu längeren Wartezeiten kommen. Es wäre nur wünschenswert, wenn dies an politischer Stelle ebenfalls verstanden, anerkannt und entsprechend honoriert würde.“

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