Ein Inhaber bekommt von einem Kunden am Freitagnachmittag drei E-Rezepte vorgelegt und einen Ausdruck eines QR-Codes. „Dieser stammte aus dem Kundenportal von DocMorris“, erklärt er. Der Ausdruck enthielt den Hinweis, dass das benötigte Medikament leider nicht lieferbar sei und der Patient sich doch woanders umschauen solle, so der Inhaber. Das Problem: „Das Rezept wurde laut Gematik bereits eingelöst, der Kunde war aber nirgendwo anders.“
Kurz vor dem Wochenende kam ein dem Inhaber bis dahin unbekannter Kunde in seine Apotheke im Raum Bielefeld. „Er wollte zwei oder drei E-Rezepte einlösen“, so der Apotheker. „Die über die Gesundheitskarte abzurufenden Rezepte waren jeweils Aut-idem-Verordnungen, die aufgrund bestehender Lieferengpässe von DocMorris nicht bearbeitet werden wollten, denn diese wurden ordnungsgemäß wieder zurückgegeben.“
Die Rezepte haben laut dem Apotheker „offensichtlich nicht ins Rosinenpicker-Gefüge gepasst“, denn alle anderen lieferbaren Medikamente aus der Bestellung wurden beliefert. „Hier sollten wir dann für den Kunden in die Bresche springen“, ärgert er sich. „Denn dank der Anwendung des ALBVVG war eine Versorgung möglich. Vergütet wird der Mehraufwand aber, wie bekannt ist, mit einem lächerlichen Betrag.“ DocMorris mache sich nicht die Mühe und kommuniziere mit den Arztpraxen: „Das bleibt alles an uns hängen.“
Besonders aberwitzig sei der vom Kunden ebenfalls vorgelegte Ausdruck gewesen: „Auf dem Zettel war ein Hinweis auf eine Nicht-Verfügbarkeit vermerkt, die DocMorris dem Patienten ausgestellt hat. Sein E-Rezept hat er als QR-Code bekommen und im Anhang befand sich ein Dreizeiler, dass er sich bitte woanders umschauen möge“, erklärt der Inhaber. Es habe demnach den Eindruck gemacht, dass das Rezept wieder zur Verfügung stehe. „Das dachte zumindest der Kunde.“
Die Überraschung folgte dann in der Apotheke: „Als wir in den Code scannten, folgte von der Gematik der Hinweis, dass Rezept sei bereits in einer Apotheke eingelöst und abgerechnet worden“, so der Inhaber. „Der Patient hat jedoch kein Medikament erhalten und war auch in keiner anderen Vor-Ort-Apotheke.“ Die Verschreibung sei dabei nicht spektakulär gewesen. „Es war ein einfaches Blutdruckmittel.“
„Das ist blöd gelaufen und in jeglicher Hinsicht ein ziemlich dickes Ding“, so der Apotheker. Er fragt sich, ob „einfach versehentlich etwas schiefgegangen“ sei oder „bewusst gehandelt“ wurde. Dann könnte man sogar von Abrechnungsbetrug sprechen. „Der Versender muss doch gewusst haben, dass der Code nicht einlösbar war. Denn ausgerechnet diese Position kam auf einen Extrazettel und wurde nicht zurückgegeben in die Cloud.“
Der Patient müsse nun auf jeden Fall seinem Arzt erklären, dass er leider nicht versorgt wurde, so der Inhaber. „Das Rezept wurde jedoch angeblich eingelöst und abgerechnet. Er muss also plausibel machen, warum er eine neue Verordnung benötigt“, erklärt er.
Was ihn besonders ärgert: „Der Kunde kam mit mehreren Versichertenkarten. Es waren Verordnungen für seine Eltern, für seine Frau und andere Familienangehörige dabei“, so der Apotheker. Anlass für die Bestellungen seien die zu 50 Prozent geschenkten Zuzahlungen gewesen. „Es ist ein Trauerspiel für uns Apotheken vor Ort, denn wir dürfen und können solche Rabatte nicht geben.“ So bleiben nur die arbeitsintensiven und am Ende nicht kostendeckenden Versorgungen vor Ort hängen. „Alles andere landet beim Versender, der sich bei dieser Handhabe durch seine Kunden noch bestärkt sehen kann“, beklagt er.
„Ich hatte zwar den Eindruck, die Problematik hat etwas im Patienten ausgelöst, jedoch glaube ich nicht, dass er zukünftig den Versender in der Regelversorgung ausschließt“, so der Apotheker. „Ich habe ihm erklärt, dass er damit meinen Betrieb vor Ort kaputt macht.“ Er erwiderte jedoch, dass er sein besonders günstiges Modell der zweigleisigen Versorgung weiterhin betreiben werde. Am Ende hilft ihm der dumme Apotheker vor Ort doch eh aus der Patsche.“