„Wir erhalten Null Support“

Apotheker will E-Rezept zum Üben kaufen

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Berlin -

Dr. Sven Stirnfeld* hat alles versucht – doch der Apotheker aus Nordrhein erhält trotz zahlreicher Nachfragen kein E-Rezept zum Testen. Sein Betrieb sei E-Rezept-ready, habe aber noch kein bisschen Praxiserfahrung. Um dies zu ändern, werde er notgedrungen einer bekannten Apothekerin eine digitale Verordnung abkaufen, kündigt er an. „Eigentlich müsste es für Apotheken eine Pflicht sein, erst beim E-Rezept mitspielen zu dürfen, wenn sie verschiedene Verordnungen getestet haben.“

Stirnfeld versucht seit Längerem, ein E-Rezept zum Üben zu bekommen. Er ist seit zwanzig Jahren selbstständiger Apotheker und will mit seinem Betrieb am Puls der Zeit sein. „Wir wollen alle Voraussetzungen erfüllen“, sagt er. Im September stehe eine E-Rezept-Schulung an und dafür solle man ein Test-Rezept parat haben.

Die Suche nach dem Test-E-Rezept

Auf Nachfrage bei seinen Arztpraxen vor Ort hieß es jedoch, dass man technisch „leider“ noch nicht so weit sei. „Die Gematik hat mich an mein Softwarehaus verwiesen, das kann doch nicht sein. Sie trägt doch die Hauptverantwortung“, sagt er. „Was nützt die schönste Startseite, wenn keiner mehr da ist, wenn es ans Eingemachte geht.“ Auch Nachfragen bei Apothekerverband- und kammer, seinem Rechenzentrum und Softwarehaus sowie bei der Gedisa hätten nichts gebracht. „Wir erhalten Null Support. Nicht einer war in der Lage, uns zu helfen.“

Mit dieser Problematik ist der Apotheker nicht alleine. Auch andere Betriebe möchten gerne E-Rezepte testen, finden jedoch keine Arztpraxis, die bereits mitzieht.Apotheken sollen ab September digitale Verordnungen annehmen können. Nur in den Pilotregionen Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein sind auch die Ärzt:innen angesprochen, auf Papierrezepte zu verzichten. „Der Prozess, wie er sich in der Praxis darstellt, wird nicht eingeübt“, kritisiert Stirnfeld.

Dass die Gematik den Praxen bei der Ausstellung des Test-E-Rezepts rät, eine Freitextverordnung ohne Arzneimittel und PZN abzugeben, sei „alles andere als praxisnah“. Im Textfeld solle „Test“ eingetragen werden. „Gerade die Freitexte werden uns Apotheken noch die letzten Nerven kosten. Hier werden die Ärzte geradezu mit der Nase auf die Ausnahme ‚Freitext‘ gestoßen.“

Der Apotheker fordert, dass alle Apotheken – bevor sie als E-Rezept-ready gelten – zwölf Test-E-Rezepte durchlaufen sollten. Natürlich sei dies nicht mehr schaffbar, räumt er ein. Bei der Anzahl bezieht er sich auf die zwölf Schlüssel, ein E-Rezept zu heilen, die vom GKV-Spitzenverband veröffentlicht wurden. Weil er selbst nicht mehr weiter weiß, hat er sich an eine befreundete Apothekerin gewandt, die bereits E-Rezepte von einem Zahnarzt erhält: „Ich bin drauf und dran ihr ein E-Rezept abzukaufen. Das wäre eine große Hilfe für mich.“

Fehlerhafte E-Rezepte: Nicht korrigieren, sondern ergänzen

In der FAQ der Abda zum E-Rezept heißt es: „Ein einmal ausgestelltes und bereits signiertes E-Rezept kann nicht mehr korrigiert werden. Mit der qualifiziert elektronischen Unterschrift (QES) des ausstellenden Arztes werden alle E-Rezepte automatisch auf dem TI-Server abgelegt und gespeichert. Das einzelne E-Rezept kann nur seitens des ausstellenden Arztes gelöscht und dann neu erstellt werden. Apotheken können somit eine falsche Verordnung nicht ändern. Allerdings können Apotheken im Abgabedatensatz nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben Korrekturen und/oder Ergänzungen vornehmen.“

Diese werden anschließend konkretisiert: „Nahezu analog dem Muster 16“ könnten auch beim E-Rezept Ergänzungen und Korrekturen vorgenommen werden. Die Warenwirtschaft erleichtere die Auswahl zwischen „vorgefertigten“ Rezeptänderungen. Mit Schlüssel 4 etwa wird die Korrektur/ Ergänzung einer Dosierangabe dokumentiert. Hinter dem Schlüssel 12 ist eine freitextliche Angabe möglich, falls keiner der Schlüssel 1 bis 11 passt – beispielsweise eine Überschreitung der Belieferungsfrist. „WICHTIG: Jede Rezeptänderung verlangt jedoch dann die qualifiziert elektronische Signatur des Apothekers mit dem Heilberufsausweis“, mahnt die Abda.

Der GKV-Spitzenverband hat die möglichen Rezeptänderungen in einer Tabelle zusammengefasst und jeweils die Begründung in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) hinterlegt sowie mit Anmerkungen versehen.

Die zwölf Schlüssel in der Übersicht:

  1. Abweichung von der Verordnung bzgl. der Darreichungsform bei Fertigarzneimitteln
  2. Korrektur / Ergänzung der Darreichungsform bei Rezepturen
  3. Korrektur / Ergänzung der Gebrauchsanweisung bei einer Rezeptur
  4. Korrektur / Ergänzung der Dosierungsanweisung
  5. Ergänzung eines fehlenden Hinweises auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder auf eine schriftliche Dosierungsanweisung
  6. Abweichung von der Verordnung bzgl. der Bezeichnung des Fertigarzneimittels
  7. Abweichung von der Verordnung bzgl. der Bezeichnung des Wirkstoffs bei einer Wirkstoffverordnung
  8. Abweichung von der Verordnung bzgl. der Stärke eines Fertigarzneimittels oder Wirkstoffs
  9. Abweichung von der Verordnung bzgl. der Zusammensetzung von Rezepturen nach Art und Menge
  10. Abweichung von der Verordnung bzgl. der abzugebenden Menge
  11. Abweichung von der Verordnung bzgl. der abzugebenden Rezepturmenge auf eine Reichdauer bis zu 7 Tagen bei Entlassverordnung
  12. Freitextliche Dokumentation der Änderung, wenn keiner der anderen Schlüssel / Fälle vorliegt

* Name durch die Redaktion geändert

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