Sorge wächst

Mutationen: Ist die P.1-Linie gefährlicher?

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Berlin -

Die Sorge vor Mutationen wächst weltweit: Während sich die britische Virusvariante B.1.1.7 mittlerweile in vielen Ländern durchgesetzt hat, kursiert in Brasilien eine Mutante, die besorgniserregende Daten liefert. Sie scheint nach bisherigen Erkenntnissen besonders aggressiv zu sein und sich einer Immunität häufig zu entziehen.

Die erstmals in Brasilien aufgetauchte Viruslinie mit dem Namen „P.1“ bereitet Forschern große Sorge: Studienergebnissen zufolge könnte es die bisher gefährlichste Variante von Sars-CoV-2 sein. Im vergangenen Jahr hatte die Variante für viele Erkrankungen gesorgt. Im Sommer wurde von Epidemiolog:innen festgestellt, dass etwa zwei Drittel der Bevölkerung Antikörper gegen Sars-CoV-2 aufwiesen – eigentlich gingen sie damit davon aus, dass ein erneuter Ausbruch deutlich schwächer verlaufen sollte.

Zweite Welle trotz Herdenimmunität

Im Dezember kam es jedoch zu einer zweiten Welle, die wesentlich stärker ausfiel als die erste im Frühjahr 2020. Die nachgewiesene Viruslinie scheint deutlich ansteckender zu sein und häufiger für tödliche Verläufe zu sorgen. Außerdem scheint sie sich häufiger einer Immunität zu entziehen. Mittlerweile ist sie in 18 weiteren Ländern entdeckt worden.

Genomanalysen derUniversität São Paulo haben ergeben, dass es sich bei P.1 um eine stark veränderte Form des Virus handelt: Die nächstverwandte Variante weist zehn Abweichungen im Spikeprotein auf, drei Deletionen, vier harmlose synonyme Mutationen und eine sogenannte „Insertion“ von 4-Nukleotiden. Zwei der Spike-Mutationen befinden sich an der Stelle, die direkt mit dem ACE-2-Rezeptor interagiert – dadurch können der Eintritt in die Zelle erleichtert und damit die Infektiosität erhöht werden. Eine weitere Mutation verändert das Spikeprotein so, dass neutralisierende Antikörper weniger gut angreifen können. Die P.1-Linie weist alle drei Mutationen aus der südafrikanischen Variante B.1.351 auf, eine der Mutationen ist auch in der britischen Variante B.1.1.7 zu finden.

Die Forscher:innen gehen davon aus, dass P.1 aus dem Stamm B.1.1.28 entstanden ist, der im März 2020 in Brasilien nachgewiesen wurde. Der neue Stamm ist Berechnungen zufolge seit November im Umlauf. In sieben Wochen stieg der Anteil der P.1-Variante bei den Sequenzierungen aus Manaus von 0 auf 87 Prozent. Noch ist unklar, ob eine Infektion mit P.1 mit einer erhöhten Viruslast oder einer längeren Infektionsdauer einhergeht.

Die Variante werde zwischen 1,4- und 2,2-fach leichter übertragen als andere Virusvarianten. In 25 bis 61 Prozent entziehe sie sich einer früheren Immunität. Dadurch sei auch die rasche Verbreitung bei einer zuvor fast erreichten Herdenimmunität zu erklären. Einen natürlichen Rückgang der Immu­ni­tät als Erklärung für den erneuten Ausbruch schließen die Forscher:innen aus.

Mutationen vorhersagen statt abzuwarten?

Da die Sorge vor Mutationen groß ist, wollen Forscher der Universität Graz künftig vorsorgen und die Relevanz existierender – aber auch hypothetischer Corona-Varianten – vorhersagen. Dies soll mithilfe von modernen AI-basierten Screeningmethoden und virtuellen Szenarien geschehen. Dadurch könnten beispielsweise die Vakzine bereits frühzeitig optimiert werden. Seit Januar wird intensiv an den entstehenden Sars-CoV-2-Mutationen geforscht. Außerdem wird deren Relevanz und Gefahr eingeschätzt. In Zukunft sei es nötig, diese Kooperationen zu institutionalisieren und auf Dauer auszulegen, um global gegen Viruserkrankungen vorbereitet zu sein.

 

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