Filialapotheken

Wann sind Apotheken Nachbarn?

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Berlin -

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen (VG) zur Entfernung zwischen Filiale zur Hauptapotheke berührt die Kernfrage des Mehrbesitzes: Aus Sicht der Richter ist eine Entfernung von 50 Kilometern zur Hauptapotheke in Ordnung – unabhängig von Kreisgrenzen. Die Bremer Apothekerkammer befürchtet, dass mit dem Urteil ein Präzedenzfall geschaffen wurde.

 

Die Kammer hatte sich gegen die Betriebserlaubnis für zwei Filialapotheken ausgesprochen. Geschäftsführerin Dr. Isabel Justus ist von der Entscheidung des Gerichts enttäuscht: „Nach unserer Auffassung meint 'benachbart' im Apothekengesetz 'angrenzend'“, sagt Justus. Im konkreten Fall lagen jedoch zwei Landkreise zwischen der Haupt- und der Filialapotheke.

Zu viel für die Kammer: „Der Apothekenleiter ist zur persönlichen Leitung verpflichtet, auch wenn er einen Filialleiter benennt“, so Justus. Bei einer Entfernung von je 50 Kilometern zu den beiden Filialapotheken seien diese schon zu eigenständig. „Wir befürchten, dass die Entfernungen peu a peu immer größer werden.“

Die Kammer hatte im Verfahren eine Stellungnahme abgegeben. Auch die zuständige Aufsichtsbehörde wollte vor Gericht durchsetzen, dass das „Regionalprinzip“ auch für die Filialen untereinander gilt – und nicht nur zwischen Haupt- und Filialapotheke. Das Gericht hatte dies jedoch abgelehnt.

Der Rechtsanwalt Dr. Johannes Kevekordes hatte in dem Verfahren die Apothekerin unterstützt. Er begrüßt die Entscheidung des VG Bremen: „Hätte die Rechtsauffassung der Apothekerkammer Bestand gehabt, wäre es zu dem merkwürdigen Ergebnis gekommen, dass die Frage der Betriebserlaubnis künftig maßgeblich davon abgehangen hätte, ob ein Apotheker den Sitz seiner Hauptapotheke in Bremen oder dem umliegenden Niedersachsen bestimmt hätte.“

Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts sei eine „von Bremer Apothekerinteressen geprägte 'Insel-Lösung' beziehungsweise 'Bremer Landrecht'“ verhindert worden, so Kevekordes. „Die Auslegung des entscheidenden Begriffs 'benachbart' durch das Verwaltungsgericht nach dem Wortlaut, Gesetzesgeschichte und Sinn und Zweck des Gesetzes ist derart überzeugend, dass wir davon ausgehen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde keine Berufung gegen dieses Urteil einlegen wird“, sagt Kevekordes.

 

 

In anderen Kammerbezirken wird die Regelung zu Kreisgrenzen nicht absolut gesehen. Im Flächenland Niedersachsen achtet die Kammer auch auf die Entfernung zwischen den Apotheken. Schließlich seien die Kreiszuschnitte manchmal etwas eigentümlich, sagt Kammerjuristin Dr. Marion Eickhoff..

In Nordrhein ist die Kammer zwar nicht für die Aufsicht der Apotheken zuständig. Doch bei den Behörden spiele auch hier die geographische Lage und die Verkehrssituation eine Rolle, sagt Geschäftsführer Dr. Stefan Derix. „Die Behörden werden immer das Kriterium der Versorgungssicherheit anlegen. De facto müssen Apotheker ihren Amtsapotheker überzeugen, wie sie ihre Verantwortung wahrnehmen“, so Derix.

 

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