„Der Patientenschützer“

Todesfalle Apotheke: „Hier lauern Gefahren, von denen Sie bisher nichts ahnten“

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Berlin -

„Angst vor dem Krankenhaus… wer kennt die nicht? Aber Angst vor Ihrer Apotheke?“ So beginnt ein Schreiben von Dr. Dietmar Kowertz, das der FID Verlag verschickt hat. Seine wachrüttelnde Mahnung ans Volk: „Hier lauern Gefahren, von denen Sie bisher nichts ahnen...“ Eigentlich sollte damit ein Abo für das Blatt „Der Patientenschützer“ verkauft werden, doch am Ende wurde eine Unterlassungserklärung abgegeben, weil jeweils der konkrete Ortsname hinter der Apotheke genannt war.

So richtig schlau wird man auf Anhieb aus dem Schreiben nicht, dass der zur Rentrop-Verlagsgruppe gehörende Verlag mit Sitz in Bonn verschickt hat. Von einem kostenlosen Blutdruckmessgerät für die 33 schnellsten Rückmeldungen ist die Rede („Lassen Sie nicht zu, dass die neuen Blutdruckwerte aus den USA Sie über Nacht zu einem Kranken machen!“), ansonsten geht es wohl darum, ein Abo für „Der Patientenschützer“ abzuschließen. Das Blatt kostet laut Website 9,97 Euro pro Ausgabe und verspricht „Insider-Informationen, die Sie vor Fehlbehandlungen, 08/15-Medizin, Überdiagnosen, unnötigen Operationen oder sogar tödlichen Pillen bewahren“.

In dem Brief wird der ganz große Bogen über die jüngsten Apothekenskandale gespannt. Nachdem die Sache mit dem Blutdruckmessgerät geklärt ist („Mit Ihrem Blutdruckmessgerät haben Sie Ihre Werte selbst im Blick und können die schlimmsten Medikamente und Nebenwirkungen verhindern!“), leitet Kowertz über die Risiken von Krankenhausaufenthalten („Killerkeim MRSA!“) hin zu den Apotheken. Denn: „Die Realität ist noch viel schlimmer.“

„Nicht nur das Krankenhaus oder die Arztpraxis können zu einer echten Todesfalle werden – auch der nächste Gang zu Ihrer Apotheke [...] kann lebensbedrohlich sein! Derzeit jagt ein Apothekenskandal den nächsten – aber kaum jemand berichtet darüber.“ Kowertz, studierter Agrarwissenschaftler und selbständiger Wirtschaftjournalist, verweist auf die Gammelrezeptur in Jettingen-Scheppach, die verunreinigte Glucoselösung in Köln natürlich auf den Zyto-Pfuscher von Bottrop.

„Nun sagen Sie vielleicht, Sie kennen Ihren Apotheker schon seit 20 Jahren. Aber wie gut kennen Sie ihn wirklich? Wissen Sie, wie oft er sich fortbildet? Wie sehr er seinen Job auch nach 20 Jahren noch liebt? Wie es ihm privat geht und ob sein Kopf immer 100 % bei der Sache ist?“

Kritik an seinen provokant formulierten Thesen nimmt er direkt den Wind aus Segeln: „Mir geht es nicht darum, eine bestimmte Berufsgruppe herauszunehmen und an den Pranger zu stellen“, so seine Zusicherung. „Aber mir geht es um Ihre Sicherheit als Patient. Und mir geht es darum, dass Sie sich nicht mit der erstbesten Diagnose und einem vielleicht gefährlichen Standardmittel abspeisen lassen, wenn es schnellere, wirksamere und erprobte Alternativen gibt. Ich zeige Ihnen, woher Sie die bekommen, wenn es mal wirklich ernst wird beim Thema Gesundheit.“

Nun folgen unvermittelt Ausführungen zum Thema Verdauungsmedikamente: „Wussten Sie, dass Magensäurehemmer auf Rezept Sie dement oder krebskrank machen können? Und was noch viel schlimmer ist: Sogar ein bewährtes Pflanzenheilmittel gegen Sodbrennen kann Sie umbringen… Das ist die Wahl zwischen Pest oder Cholera!“

Kowertz fordert seine Leser auf, sich ein gemütliches Abendessen im Kreis der Familie vorzustellen: „Das Essen war köstlich und auch die süße Nachspeise war eine Sünde wert“, säuselt er, um seiner Warnung umso mehr Nachdruck zu verleihen: „Und dann passiert es: Sie wachen nachts mit höllischem Sodbrennen auf. Schlaftrunken und ganz leise gehen Sie in die Küche und nehmen das Mittel, dass Ihnen Ihre Apotheke empfohlen hat, weil es ganz natürlich und rein pflanzlich ist.“

Später werde man auf der Intensivstation wach, könne nicht reden, sich nicht bemerkbar machen. Man wisse, dass nichts mehr so sein werde, wie es einmal war. Aber alles, woran man sich noch erinnere, seien die Tropfen, die man gezählt habe.

„Ich will Ihnen ganz sicher keine Angst machen“, schwört Kowertz. Denn die gute Nachricht sei: „Sie haben die pflanzlichen Tropfen, die bei Millionen gutgläubiger Deutscher im Schrank stehen und die jeden Abend im Fernsehen beworben werden, überlebt.“ Anders als eine Patientin, die 2018 mit einer durch Medikamente verursachten Leberschwäche verstorben sei. „Dieser Todesfall wäre vermeidbar gewesen...“

Die Wettbewerbszentrale hatte genug gelesen und mahnte den Verlag ab. Der gab eine Unterlassungserklärung ab, das Schreiben nicht mehr an Verbraucher in Städten zu verschicken, in denen „nicht die erwähnten oder vergleichbare Skandale aufgetreten sind“. Tatsächlich war in dem Anschreiben der jeweilige Ort genannt worden – was insbesondere in Gemeinden mit nur einer Apotheke rechtlich nicht in Ordnung war.

Wer Lust auf mehr hat, dem seien vom selben Autor die Buchreihe „Benefit“ („Besser Leben - Wie Sie mehr Geld haben, länger und gesünder leben und wie ein V.I.P. Ihr Leben genießen“) oder der Ratgeber „Der Geldschützer“ („Dr. Dietmar Kowertz gibt Ihnen jetzt vertrauliche Informationen, die Ihnen das Finanzamt, Ihre Bank, Ihre Versicherung oder die Politik verschweigen will!“) ans Herz gelegt.

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