Mitarbeiter verloren, Kundschaft bedroht

Gewalt im Notdienst: Apotheken am Limit

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Berlin -

Schon länger beobachtet Apotheker Joachim Kempa den Anstieg von Drogenfällen und die steigende Zahl von Obdachlosen an einem Platz vor seiner Apotheke in Flensburg. Auch die anderen beiden Apotheken in der Umgebung fordern von der Stadt mehr Unterstützung. Gerade nachts nimmt die Gewalt zu. Kempa erlebte dies in seinem vergangenen Notdienst, als ein Mann vor Wut mit dem Kopf die Schaufensterscheibe zertrümmerte.

Kempa betreibt die Südermarkt-Apotheke in Flensburg seit Anfang 2024. Der Platz davor entwickele sich immer mehr zum Treffpunkt für Drogenabhängige und Obdachlose, sagt der 57-Jährige. „Ich beobachte das seit einiger Zeit.“ Für die Apotheke ergebe sich daraus vor allem im Notdienst ein großes Problem, da die Kundschaft durch das Klientel abgeschreckt werde – oder erst gar nicht zur Apotheke durchkomme. Zudem sei es schwierig, Mitarbeiter für die Schicht zu motivieren.

Klappendienst aus Sicherheitsgründen

Der Inhaber selbst leistet ab dem Nachmittag nur Dienst durch die Klappe – aus Sicherheitsgründen. Während seines jüngsten Notdienstes am Samstag vor einer Woche eskalierte eine Situation jedoch plötzlich. In dieser Nacht zählte er allein auf dem Platz fünf Polizeieinsätze – einer betraf ihn. Denn wie so oft schlief ein Obdachloser vor dem Apothekeneingang und Kempa bat ihn, sich einen anderen Platz zu suchen.

Der Mann rastete daraufhin aus und stieß mit seinem Kopf immer wieder gegen eine Scheibe der Apotheke, wie der Inhaber sagt. Im Inneren der Offizin wurde es Kempa mulmig zumute und er alarmierte die Polizei. Als diese eintraf, war das Glas bereits gesprungen, aber die Scheibe hielt noch zusammen. Was passiert wäre, hätte der wütende Mann in die Apotheke eindringen können, will sich Kempa gar nicht vorstellen.

Beim Abführen kam es noch zu weiteren Schäden und der Apotheker rechnet mit einer daraus entstandenen Gesamtsumme zwischen 3000 und 4000 Euro. Doch um den Betrag an sich geht es Kempa und seinen Kolleg:innen nicht. Die Inhaber:innen setzen sich für mehr Schutz ein: „Ich hatte bereits bei der Stadt ein Alkoholverbot angeregt und Kameraüberwachung gefordert“, sagt Kempa. Doch nichts davon werde umgesetzt.

Joachim Kempa vor seiner Apotheke. Mehr dazu im Artikel.
Der Inhaber würde die Dienste gerne in seine zweite, nicht weit entfernt liegende Apotheke verlegen – doch laut Kammer sei dies schwierig und für ihn mit Nachteilen verbunden.Foto: Südermarkt-Apotheke

Kammer verschiebt Dienste nicht

Auch bei der Apothekerkammer fragte er nach einer Alternative für den Notdienst. Denn er führt seit 2019 auch die nicht weit entfernte Nord-Apotheke. Doch dort habe es nur geheißen, dass die Dienste nicht auf einen anderen Betrieb verschoben werden könnten, da das System ihm im Anschluss mehr Dienste aufbrumme, weil es nur mit einer Apotheke kalkuliere. Die Notdienste an Wochenenden und Feiertagen übernimmt wegen der Situation nur noch der Chef, unter der Woche findet er männliche Angestellte, die einspringen.

Auch in der Nikolai-Apotheke am Südermarkt kennt man das Problem nur zu gut. Ein Angestellter habe nach einem Einbruch im Notdienst wegen der Kriminalität den Betrieb verlassen, sagt Filialleiterin Christina Tiegl. „Da hat schon eine Traumatisierung stattgefunden.“ Sie wünscht sich von der Stadtverwaltung mehr Mitarbeitende des Ordnungsdienstes, die auch tatsächlich in der Nacht patrouillieren. Nachmittags sei das nicht nötig. Die Angestellten und die Notdienstkundinnen und -kunden fühlten sich bedroht. „Da muss jetzt endlich was passieren.“

Genauso sieht es Kansa Alkoba von der unweit entfernt liegenden Easy-Apotheke. Die Inhaberin schrieb der Stadt mit Unterstützung weiterer Gewerbetreibender einen Brandbrief und forderte Unterstützung, um den Abstieg des Flensburger Südermarkts aufzuhalten.

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