Retaxationen sind ein leidiges Thema in Apotheken und stellen für viele Apotheker:innen ein Ärgernis dar. Sven Lobeda von der Apotheke Johannstadt in Dresden legt großen Wert auf einen Perspektivwechsel im Umgang mit Retaxationen: Weg von der Vorstellung, Apotheken würden durch die Kassen gegängelt und um ihren Verdienst gebracht – hin zur Einsicht, dass es sich im Kern um einen ganz normalen Vorgang der Rechnungsprüfung handelt.
„Die Kassen wollen uns ärgern“, sei eine Denkweise, die jede Kollegin und jeder Kollege für sich änder müsse, so Lobeda im Gespräch mit Moderatorin und Apothekerin Lena Ungvári. „Wir gehen verantwortungsvoll mit Sozialgeldern um“, laute die bessere Perspektive. Immerhin sei die Rechnungskontrolle ein Vorgang, wie er tagtäglich in den Apotheken selbst durchgeführt werde – beispielsweise gegenüber dem Großhandel.
Der Prozess sei allerdings suboptimal, räumt Lobeda ein. Vor allem die massive Zeitverzögerung von zwölf Monaten und die mangelnde Transparenz der Vorgaben seien ein Problem. Hier müsse in Verhandlungen dringend nachjustiert werden.
Außerdem stellt Lobeda fest, dass sich bei ihm durch das E-Rezept einiges verändert – das gilt auch für den Bereich der Retaxationen. Früher genügte ein Blick auf das Image des Papier-Rezepts, um mithilfe der aufgedruckten IK-Nummer eine Retax schnell der passenden Betriebsstätte zuzuordnen. Heute hingegen stelle sich eine neue Herausforderung: Auf der digitalen Retaxation ist oft nur noch die Haupt-IK angegeben. Das bedeutet, dass nicht mehr sofort ersichtlich ist, in welcher Betriebsstätte der Abverkauf erfolgt ist. Stattdessen muss in verschiedenen Kassensystemen nach dem jeweiligen Vorgang gesucht werden.
Bisher etablierte und bewährte Prozesse greifen hier nicht mehr – es braucht neue Strukturen. Diese Herausforderung ist zwar nur relevant für Apotheken mit Filialbetrieb – zeige aber sehr deutlich, wie veränderte Strukturen auch veränderte Prozesse benötigen.
„Wir lernen gerade, dass die E-Rezept-Retaxen – jetzt kommen die ersten – anders sind. Wir sind gerade dabei, den gesamten E-Rezept-Retax-Prozess neu zu denken“, berichtet er. Eine zentrale Auswertung der Fälle sei essenziell, um Muster zu erkennen, Fehlerquellen zu identifizieren und daraus gezielte Maßnahmen abzuleiten. Dabei steht vor allem eines im Fokus: „Die größte Herausforderung ist es eigentlich, die Retaxation zu vermeiden.“
Das E-Rezept wurde ursprünglich mit der Hoffnung eingeführt, typische Formfehler und Ungenauigkeiten zu vermeiden. In der Praxis zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild: Klassische Fehler wie fehlerhafte Betriebsstätten-Nummern, unvollständige Arztangaben oder fehlende Dosierungen seien durch das E-Rezept „bedeutend weniger“ geworden. Gleichzeitig zeige die Auswertung, dass viele Retaxationen auf andere Ursachen zurückgingen. „Wir sehen eigene Fehler.“ Dazu zählen beispielsweise wiederholte Botendienstgebühren am selben Tag für denselben Patienten oder verspätet eingereichte Rezepte, bei denen die Rezeptgebühr reduziert wird.
Wenn sich herausstellt, dass bestimmte Fehler wiederholt auftreten, müssten hier intern nachgeschult und Prozesse neu justiert werden. „Das sind am Ende Fehler, die wir selbst vermeiden können.“ Obwohl die Quote an E-Rezepten in vielen Apotheken bereits bei 50 bis 80 Prozent liege, blieben gewisse Schwächen bestehen. Einige Stolperfallen seien systembedingt, andere hausgemacht. Lobeda nennt etwa die fehlende Kommentierung einer Sonder-PZN trotz Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels als Retaxgrund – obwohl dies laut Rahmenvertrag gar nicht zwingend notwendig sei. Besonders komplex sei die Lage bei Arzneimitteln, die bereits außer Vertrieb waren, aber dennoch verordnet wurden.
Ein positiver Aspekt: Die oft befürchteten „Angst-Retaxationen“ und Formfehler treten seltener auf als befürchtet. Fehler in den Pflichtfeldern oder bei ärztlichen Angaben – einst große Sorge beim Start des E-Rezepts – blieben laut Lobeda bislang weitgehend aus.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der regionalen Struktur: In Sachsen profitiert Lobedas Apotheke mit der AOK Plus von einem großen, kooperativen Kostenträger, der einen Großteil der Patient:innen abdeckt. Dadurch müssen weniger Regelwerke parallel beachtet werden. Bei Entlassrezepten beispielsweise reiche ein digitaler Kommentar statt einer Sonder-PZN – das vereinfache die Bearbeitung erheblich. Apotheken in anderen Regionen, die mit einer Vielzahl kleiner Kassen und wechselnden Anforderungen konfrontiert seien, stünden hier oft vor deutlich größeren Herausforderungen.
Trotz technischer Fortschritte stützt sich die Retaxvermeidung in Lobedas Apotheke weiterhin stark auf Erfahrung, manuelle Prozesse und hausinterne Organisation. Hinweise an Wänden, individuelle Merkzettel und ein internes Wiki helfen dem Team, den Überblick zu behalten. Zudem gibt es gezielte Schulungen, insbesondere für die notdiensthabenden Apotheker:innen, die sich in ihrer Entscheidungsverantwortung von anderen Mitarbeitenden unterscheiden.
Technisch werde größtenteils mit den Möglichkeiten der Apothekensoftware gearbeitet. „Hier ist noch großes Potenzial“ – sowohl bei der Vermeidung als auch bei der Bearbeitung von Retaxationen. Zentrale digitale Lösungen, bessere Prüfmechanismen und integrierte Kontrollsysteme könnten den Alltag deutlich erleichtern.
Wenn es dann doch zur Retaxation kommt, ist eine pragmatische Herangehensweise gefragt. Lobeda plädiert für einen „Mut zur Lücke“. Nicht jede Retaxation lohne eine detaillierte Prüfung oder gar einen Einspruch. Bei Kleinbeträgen – insbesondere unter einem Euro – sei der Aufwand der Prüfung oft bei Weitem höher als der potenzielle Nutzen. Entscheidend sei es jedoch, die Ursachen zu analysieren: Kommt der Fehler wiederholt vor? Liegt ein systematisches Problem vor? Ist das Einspruchspotenzial hoch genug, etwa bei Rezepturen mit hohem Warenwert? Wann lohnt sich ein Einspruch – und wann sollte man ihn sich sparen?
Ein Beispiel nennt Lobeda konkret: Eine Rezeptur mit dem Wirkstoff Carbidopa für ein Kind wurde mit 180 Euro taxiert, aber nur mit 118 Euro erstattet. In solchen Fällen lohnt sich eine genaue Prüfung, da der Differenzbetrag signifikant ist und potenziell auf einem Missverständnis bei der Taxierung basiert.
Seit in der Apotheke bei Rezepturen nicht nur die Taxation, sondern auch der gesamte Hashcode mitgeschickt wird, konnten Retaxationen in diesem Bereich reduziert werden. Frühere Begründungen wie „nicht lesbar“ entfielen so.
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