Wahlkampf

Piraten-Angriff auf Melissengeist

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Berlin -

Die Piratenpartei wünscht sich in vielen politischen Bereichen mehr Freiheiten für die Bürger – aber nicht überall: Alkoholwerbung soll künftig verboten werden. Betroffen auch: „als frei verkäufliche Arzneimittel deklarierte, hochprozentige Alkoholika“. Selbst einschlägige „Oma-Schnäpschen“ aus der Apotheke dürften demnach nicht mehr beworben werden.

Die Begründung im Wahlprogramm der Piraten lautet: „Alle diese Produkte sind geeignet, Abhängigkeiten hervorzurufen.“ Deshalb fordert die Partei auch, dass es in Kneipen „mehrere alkoholfreie Getränke“ geben muss, die billiger sind als das billigste mit Alkohol.

Dafür sind die Piraten bei anderen Drogen freizügiger: In „lizenzierten Fachabgabestellen“ soll im Modellversuch der Verkauf von Tabak, Spirituosen und anderen psychotropen Substanzen erlaubt sein. Perspektivisch sollen zudem Anbau und Herstellung derzeit illegaler Drogen erlaubt werden.

Die Piraten wehren sich außerdem gegen die „Willkür beim Führerscheinentzug“. Für den Entzug der Fahrerlaubnis wegen des Einflusses von Rauschmitteln müssten „wissenschaftlich abgesicherte Grenzwerte für Wirkstoffkonzentrationen festgelegt werden“, heißt es im Wahlprogramm.

Apotheken tauchen im Kapitel Gesundheitspolitik nicht auf. Indirekt wären sie von den Forderungen der Piraten aber durchaus betroffen. Die einstige Internetpartei fordert eine Positivliste für Arzneimittel und die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“.

Tendenziell sehen die Piraten „eine Überversorgung mit medizinischen Leistungen“, insbesondere bei Arztpraxen und Krankenhäusern. Hier sollen über die Finanzierung neue Anreize gesetzt werden. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sollen in die Pflicht genommen werden, mehr gesundheitliche Aufklärung zu leisten.

Beim Krankenversicherungssystem tendieren die Piraten Richtung Bürgerversicherung. Diese Grundsatzfrage würden sie aber lieber über einen Volksentscheid klären.

Wie die politische Konkurrenz starten die Piraten jetzt in die heiße Phase des Wahlkampfes. Heute wurde in der Wahlkampfzentrale in Berlin-Lichtenberg die Kampagne vorgestellt. Ein großes Thema waren die Rechte von Fußballfans: Stadionverbote sollen nur im Einzelfall nach Anhörung ausgesprochen werden, Pyrotechnik in Stadien könne kontrolliert legalisiert werden. Die Partei will an Spieltagen mit Aktionen vor 20 Stadien über ihre politischen Ziele informieren.

Ob Fußball-Aktionen reichen, um die Piraten erstmals in den Bundestag zu bringen, wird sich am 22. September zeigen. Nach aktuellen Umfragen sieht es eher düster aus: Bei keinem der einschlägigen Wahlforschungsinstitute kommt die Partei derzeit über 3 Prozent, in einigen Umfragen wird das Ergebnis schon gar nicht mehr eigens geführt. Dabei hatten die Piraten noch vor gut einem Jahr zeitweise zweistellige Werte und lagen kurzzeitig sogar vor Grünen, Linken und FDP.

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