Dispensierrecht

Paxlovid: Lauterbach wirbt für Ärzte-Botendienst

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Berlin -

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wirbt für eine frühzeitige Corona-Therapie. Um die Gabe von Paxlovid (Nirmatrelvir/ Ritonavir) bei betroffenen Patient:innen zu beschleunigen, dürfen Mediziner:innen das zentral beschaffte Präparat seit Kurzem selbst dispensieren. In einer Anzeige wirbt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die Möglichkeit, sich das Präparat vom Hausarzt per Boten liefern zu lassen.

Das BMG wirbt in Zeitungen mit ganzseitigen Anzeigen für seine Corona-Strategie. Die Informationsblätter sind als Advertorials gedacht und bislang dreimal erschienen. In der vergangenen Woche wurde ein neuer „Fakten-Booster“ herausgegeben und als Anzeige in diversen Tageszeitungen veröffentlicht. Inhaltlich geht es dabei unter anderem um die verschiedenen Coronatests und die frühzeitige Therapie.

Medikamente per Praxis-Bote

Dazu wurde ein Zitat von Lauterbach veröffentlicht: „Die frühzeitige Corona-Therapie wird zu wenig genutzt, obwohl sie die Sterblichkeit bei Älteren erheblich senkt. Wenn Symptome und Schnelltest eindeutig sind, können Hausärztinnen und Hausärzte jetzt auch telefonisch die Diagnose stellen und Medikamente per Boten liefern.“ Dabei dürfte er auf Paxlovid anspielen, das Praxen seit Mitte August direkt an die Patient:innen abgeben dürfen.

„Bei der Anzeige handelt es sich um die aktuelle Aufklärungs- und Informationskampagne des BMG zu Corona“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Was genau mit der Botenlieferung gemeint ist und ob dafür ein Extrahonorar für die Ärzt:innen vorgesehen ist, wurde nicht mitgeteilt. In der Allgemeinverfügung zum Bezug und zur Anwendung monoklonaler Antikörper zum Bezug und zur Abgabe antiviraler, oral einzunehmender Arzneimittel gegen Covid-19 heißt es nur: Dass die Apotheken beim Vorliegen eines Rezepts und Wunsch der Patient:innen das Medikament mit dem Botendienst schicken soll, der „das Arzneimittel so bald als möglich auszuliefern“ habe.

15 Euro pro Packung für Ärzte

Die Praxen sollen laut Empfehlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bis zu fünf Therapieeinheiten bevorraten. Für den Aufwand im Zusammenhang mit der Abgabe des Medikaments erhalten Ärztinnen und Ärzte laut BMG-Verordnung eine Vergütung von 15 Euro je abgegebene Packung. Diese Regelung gilt für Abgaben bis 30. September. Generell heißt es in der Allgemeinverfügung zum Versand: „Es ist sicherzustellen, dass die monoklonalen Antikörper so verpackt und transportiert werden, dass ihre Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt; insbesondere müssen die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports eingehalten werden.“

Abda lehnt Paxlovid-Abgabe durch Praxen ab

Die Abda hatte die Freigabe von Paxlovid strikt abgelehnt, bei der Zukunftskonferenz VISION.A powered by APOTHEKE ADHOC hatte sie in der vergangenen Woche sich noch einmal gegen das Dispensierrecht ausgesprochen: „Das ist absolut der falsche Weg. Die Dispensation von Medikamenten gehört ausschließlich in die Apotheke. Dieser ordnungspolitische Rahmen muss unantastbar sein.“ Ihr sei unbegreiflich, weshalb man in Ministerium die langfristigen Folgen einer solchen Hauruck-Maßnahme nicht im Blick habe.

Sie zweifelte auch die Sinnhaftigkeit an: Ihr Eindruck sei, dass das Covid-Medikament nicht über Verordnungen ausreichend eingesetzt werde, daher solle das nun über die Selbstdispensation versucht werden. Dadurch werde das Vertrauensverhältnis von Patient und Arzt sensibel gestört: „Kann ich als Patient wirklich darauf vertrauen, dass mir der Arzt das Medikament aus Überzeugung verordnet?“ Oder habe man einfach zu viel beschafft, und nun müsse es irgendwie unter die Menschen gebracht werden?

Dass die Ärzteverbände die Selbstdispensation wegen der pharmazeutischen Dienstleistungen forderten, sei Gehabe wie im Sandkasten. „Für pharmazeutische Dienstleistungen gibt es eine Notwendigkeit, weil auch viele Ärzte sie in der Praxis nicht erbringen können und wollen. Bei der Arzneimittelabgabe gibt es dieses Problem nicht. Die Versorgung funktioniert.“ Im Übrigen gebe es durchaus konstruktive Gespräche mit der Ärzteschaft, die sie auch so oft wie möglich wahrnehme. „Solange ich keinen Personenschutz brauche, gehe ich hin.“ Nur mit der KBV sei es etwas schwieriger, aber hier könnte sich die Situation nach den Wahlen ändern.

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