GKV-Ausgaben

Die Werbedeals der Krankenkassen

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Berlin -

Seit Monaten klagen die Krankenkassen, sie müssten den Gürtel enger schnallen. Die Finanzlage verschlechtere sich zunehmend. Verantwortlich seien vor allem steigende Kosten. Zwar befürchten die Kassen kein „Wechselfieber“ wegen der neuen Zusatzbeiträge. In Kundenwerbung investieren sie dennoch offensiv. Die IKK classic etwa sponsert das Skispringen und präsentierte die 63. Vierschanzentournee.

Dem neuen Preiswettbewerb durch die Zusatzbeiträge begegnen die Kassen auch mit groß angelegten Werbekampagnen. So wirbt etwa die AOK Plus mit einem geringen Zusatzbeitrag: „Happy New 14,9 %“, prangt in großen Lettern auf Plakaten, „Mitglied werden und sparen“. Ganze Städte in Sachsen und Thüringen hat die Kasse damit zugepflastert. Im Internet finden sich verschiedene Spots, die zum Wechseln anregen sollen, etwa zum Thema Beitragssenkung, Sonderkündigungsrecht und Kassenwechsel.

Weniger auf billig, dafür mehr auf Image setzen andere Kassen: Mit einem TV-Spot „mit Deutschlands zurzeit bestem Skispringer Severin Freund“ wirbt die IKK classic derzeit für sich. Außerdem verlost die Kasse 3x2 Tickets für das Weltcup-Einzelspringen am 1. Februar in Willingen. Schon 2013 trat die Kasse hier als Sponsor auf. „Unser Engagement bei der Plus.de FIS-Team-Tour wird uns helfen, die Bekanntheit der IKK classic weiter zu erhöhen und neue Versicherte zu gewinnen“, so damals der IKK-Sponsoringbeauftrage René Pohle.

Auch im Handball ist die IKK classic aktiv: Seit dem Sommer ist die Kasse offizieller Gesundheitspartner der DKB Handball-Bundesliga. „Durch unser Engagement werden wir ab der kommenden Spielzeit in ganz Deutschland präsent sein und wollen damit unsere Bekanntheit weiter steigern“, sagte Detlef Ölschläger, Leiter im Unternehmensbereich Markt der Kasse.

Mindestens bis Ende 2017 unterstützt die AOK als Hauptsponsor den Deutschen Handballbund (DHB). Zu sehen ist das grüne Logo auf der Brust der Männer-Nationalmannschaft. Der Deal, der eine Option auf Verlängerung beinhaltet, soll dem Verband jährlich zwischen 700.000 und einer Million Euro einbringen – je nach sportlichem Erfolg. Selbst wenn es mit der Weltmeisterschaft 2015 in Katar nicht klappen sollte, habe man sich bewusst für eine langfristige Zusammenarbeit entschieden, sagte Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes.

Auch die AOK Rheinland/Hamburg setzt auf Handball. Als Gesundheitspartner des Hamburger SV Handball hat die Kasse für jedes Bundesligaspiel in der heimischen Arena ein Kontingent für ihre Versicherten reserviert, diese erhalten einen Rabatt von 15 Prozent. Die DAK Gesundheit arbeitet seit September aktiv an einer Neuausrichtung der Marke. Die verstärkte Bewerbung soll auch 2015 weiter gehen. Die Kasse stellt dabei die eigenen Leistungen in den Bereichen Versorgung und Prävention in den Vordergrund.

Die Techniker Krankenkasse (TK) erhöht den Werbedruck ebenfalls. Unter dem Claim „Den eigenen Weg gemeinsam gehen“ wirbt die Kasse in mehreren Youtube-Spots für sich. Vier Testimonials, allesamt TK-Versicherte, erzählen von ihren Schicksalsschlägen und ihrem Lebensweg. Ein TV-Spot fasst die vier Lebensgeschichten in 20-Sekunden zusammen. Dazu gibt es eine filmische Langversion. Hinzu kommen ein Kinospot, Printwerbung sowie die sozialen Netze und eigene Medien.

Die Kasse will mit dem digitalen Part der Kampagne vor allem Jugendliche und junge Erwachsene erreichen und engagierte deshalb mit Florian Mundt, alias LeFloid, einen der erfolgreichsten deutschen Youtuber. „Damit wird der Auftritt in Deutschland laut Google zu einer der größten Imagekampagnen auf Youtube“, sagt Alexandra Krotz, Leiterin Werbung bei der TK. Konzipiert hat die Kampagne, die bis Ende Januar 2015 laufen soll, Fischer Appelt als Leadagentur.

Auch im Sport ist die TK aktiv: Ab Januar steigt Deutschlands größte Krankenkasse bei dem FC St. Pauli für dreieinhalb Jahre als Hauptsponsor im Nachwuchsbereich ein. Neben dem zweckgebundenen Sponsoring im Jugendbereich enthält die Kooperation auch ein Engagement bei der St.-Pauli-eigenen Plattform „Kiezhelden“, die soziale Projekte fördert.

Die Knappschaft setzt ebenfalls auf einen „frischen, energischen Auftritt“. Die Kasse hat den Schauspieler und Comedy-Star Christoph Maria Herbst gebucht. Ab dem 13. Januar ist die Figur Bernd Stromberg auf Plakaten, in Zeitungen und Zeitschriften sowie online zu sehen. Die großformatigen Plakate hängen bis Februar deutschlandweit. Außerdem wurde ein Radiospot produziert. „Einen Charakter wie Stromberg hat es bisher in der Bewerbung einer Krankenkasse nicht gegeben“, sagt Bettina am Orde, Geschäftsführerin der Knappschaft. „Ich freue mich auf viele neue Mitglieder.“

Schon im vergangenen Jahr waren die Aufwendungen der Kassen für Werbung gestiegen: 2013 gaben sie insgesamt rund 8,4 Millionen Euro für Mitgliederwerbung von privaten Dienstleistern aus. Allein in den ersten drei Quartalen 2014 lag der Kostenpunkt bei 7,7 Millionen Euro. Für 2015 sind zumindest bei der Barmer GEK keine höheren Ausgaben für Werbemaßnahmen geplant. Auch die TK versichert, der Zusatzbeitrag habe keinen Einfluss auf die Werbeausgaben.

Die Kassen sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts bei der Werbung besonderen Vorgaben unterworfen. Sie sind gesetzlich zu sparsamer und wirtschaftlicher Mittelverwendung verpflichtet. Laut Bundesversicherungsamt (BVA) dürfen die jährlichen Ausgaben einer Kasse für allgemeine Werbemaßnahmen 0,15 Prozent der monatlichen Bezugsgröße je Mitglied nicht überschreiten. 2015 sind das 4,25 Euro. Für Werbegeschenke darf nicht mehr als 0,2 Prozent der monatlichen Bezugsgröße ausgegeben werden. Auch ausgelobte Preise, wie Karten für Handballspiele oder Skisprungmeisterschaften, müssen wirtschaftlich und sparsam sein.

Einer Genehmigung durch den BVA bedürfen Werbeausgaben nicht. Jedoch muss der Wettbewerb dem sozialen Auftrag der Kassen angemessen sein, es muss ein Bezug zum gesetzlichen Auftrag bestehen. Die Grenzen dafür können offenbar weit ausgelegt werden: Bei der Stallwächterparty im vorvergangenen Jahr etwa trat die AOK Baden-Württemberg mit einer 20.000 Euro-Spende als zweitgrößter Sponsor auf. Der Gesundheitsbezug habe bestanden, weil alkoholfreie Cocktails serviert wurden.

 

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