EuGH-Spezial

EU-Kommission im Apothekenrausch

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Die EU-Kommission hat bis zum heutigen Tag acht Vertragsverletzungsverfahren wegen des Fremd- und Mehrbesitzverbots von Apotheken gegen Mitgliedstaaten eingeleitet: Italien, Spanien, Österreich, Frankreich, Deutschland, Portugal, Bulgarien und nochmal Italien. Hinzu kommen Verfahren, die dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) von nationalen Gerichten vorgelegt wurden, etwa im Fall DocMorris. Doch die Kommission lässt sich auch von laufenden Verhandlungen nicht beirren und verschickt weitere Mahnschreiben.

Auslöser im deutschen Apothekenverfahren war ein saarländischer Minister: Josef Hecken, heutiger Chef des Bundesversicherungsamtes, erlaubte im Juli 2006 der Kapitalgesellschaft DocMorris den Betrieb einer Apotheke in Saarbrücken - trotz geltendem Fremdbesitzverbot. Der vormalige Justiz- und Gesundheitsminister des Saarlandes berief sich auf EU-Gemeinschaftsrecht. Mehrere Apotheker und der Deutsche Apothekerverband (DAV) klagten. Im September musste die DocMorris-Filiale nach einer Entscheidung des Saarbrücker Verwaltungsgerichts vorübergehend schließen.

Doch das Ministerium klagte seinerseits vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes, mit Erfolg. Im Januar 2007 durfte die DocMorris-Apotheke wieder öffnen. Das Hauptsacheverfahren wurde gar nicht erst eröffnet, weil das Verwaltungsgericht Saarbrücken den Fall im März 2007 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte. Im April 2007 übernahm der Stuttgarter Pharmahandelskonzern Celesio rund 90 Prozent der Anteile an DocMorris.

Die EU-Richter verbanden die Klagen der Apotheker Marion Schneider, Dr. Fritz Trennhäuser und Michael Holzapfel und des DAV mit der Klage der Apothekerin Helga Neumann-Seiwert zu einem gemeinsamen Verfahren. Nach einer schriftlichen Anhörung verhandelte der EuGH die Rechtssachen am 3. September mündlich - gemeinsam mit dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien. Dabei gaben neben den direkt Beteiligten neun EU-Mitgliedstaaten Stellungnahmen ab. Die überwiegende Mehrheit sprach sich für einen Erhalt des Fremdbesitzverbots für Apotheken aus.

Im Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien geht es neben dem Fremdbesitzverbot um ein Beteiligungsverbot von Großhändlern an kommunalen Apothekenketten. Der Pharmagroßhändler Celesio hatte sich bereits im Jahr 2004 bei der EU-Kommission über italienische Regelungen beschwert. Im März 2005 schickte Binnenmarktskommissar Charlie McCreevy ein Mahnschreiben, seit Juni 2006 liegt der Fall vor dem EuGH.

Die EU-Kommission hat gegen beide Länder außerdem Vertragsverletzungsverfahren wegen des Mehrbesitzverbotes eingeleitet. McCreevy hatte der Bundesregierung Ende Januar sein Mahnschreiben geschickt, weil bei dem Vorlageverfahren ausschließlich das Fremdbesitzverbot zur Debatte steht. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte um Aufschub bis zu einer Entscheidung in Sachen DocMorris gebeten, ohne Erfolg.

Das zweite Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien hatte die Kommission erst Ende November eingeleitet. Italien erwartet möglicherweise ein drittes Verfahren vor dem EuGH. Der Staatsrat, die höchste verwaltungsgerichtliche Instanz in Italien, legte Ende April den EU-Richtern einen Streit um die Niederlassung von Apotheken vor.

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