AM-VSG

SPD: Kassen sollen OTC wieder bezahlen

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Berlin -

Die Beratung des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) geht in die heiße Phase. Die Gesundheitspolitiker der großen Koalition haben sich auf erste Änderungsanträge verständigt. Daneben gibt es noch zahlreiche, separate „Prüfaufträge“ der Regierungsfraktionen: Die SPD etwa möchte OTC-Arzneimittel für ältere und multimorbide Patienten wieder durch die Krankenkassen bezahlen lassen. Aus der CDU kommt der Prüfauftrag, OTC-Arzneimittel bis zum 18. Lebensjahr erstattungsfähig zu machen. Beides hatte der BAH bereits 2013 gefordert. Und die Union will in geschlossene Zyto-Verträge jetzt doch nicht eingreifen.

Zur anstehenden Beratung des AM-VSG liegen vier verschiedene Unterlagen vor. Es gibt jeweils eine Liste mit sogenannten Prüfbitten der SPD-Fraktion und der CDU/CSU-Fraktion. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hat eine eigene Liste mit fünf „Prüfbitten“ erstellt. Zudem haben sich die Koalitionsfraktionen gemeinsam auf neun Änderungsanträge verständigt. Wann die Anträge im Gesundheitsausschuss beraten werden, steht noch nicht fest. Vermutlich wird sich der Ausschuss Mitte Februar damit befassen.

„Wir bitten zu prüfen, welche Wirkungen die Übernahme der Kosten für OTC durch die GKV insbesondere für (ältere und) multimorbide Patientinnen und Patienten hätte, insbesondere in Bezug auf finanzielle Belastungen für die Versicherten und die GKV, die Qualität der Versorgung und unerwünschte Arzneimittelwirkungen“, so die Prüfbitte der SPD-Fraktion zur Kostenübernahme. Eine weitere Erklärung Begründung gibt es den Prüfbitten nicht.

Für die CDU bittet Hennrich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) um Prüfung, „welche finanzielle Mehrbelastung eine Erstattungspflicht von OTC-Arzneimitteln für Kinder bis zum 18. Lebensjahr im Rahmen der GKV-Versorgung bedeuten würde.“ Derzeit müssen OTC-Arzneimittel nur für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr von den Kassen erstattet werden. Einige Kassen bezahlen jedoch OTC-Arzneimittel auf freiwilliger Basis bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Mit Blick auf bestehende Zyto-Verträge von verschiedenen Krankenkassen kann sich die CDU/CSU-Fraktion vorstellen, auf rückwirkende Eingriffe zu verzichten. Das BMG soll daher überprüfen, „ob die Apothekenwahlfreiheit bei laufenden Verträgen bis zum Ende diese Verträge noch ausgeschlossen bleiben kann.“ Im Gesetzentwurf ist hingegen die „Abschaffung der Exklusivverträge mit Apotheken bei der Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie“ vorgesehen.

Auch bereits geschlossene Zyto-Verträge der Kassen sollen ihre exklusive Gültigkeit verlieren. „Überragende Gründe des Gemeinwohls“ rechtfertigen aus Sicht des BMG diesen rückwirkenden Eingriff in bereits geschlossene Zyto-Verträge. Die Versorgung von Krebspatienten baue auf einem besonders engen Vertrauensverhältnis mit dem behandelnden Arzt, begründete das BMG sein Ausschreibungsverbot. Die Krankenkassen laufen Sturm gegen die Abschaffung der Zyto-Verträge und haben beim rückwirkenden Eingriff in geschlossene Verträge auf mögliche Schadensersatzansprüche der Vertragsapotheken hingewiesen.

Umstritten zwischen Union und SPD war die aus dem Pharmadialog hervorgegangene Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro für neue Arzneimittel. Überschreiten neue Arzneimittel diesen Schwellenwert im ersten Jahr der Markteinführung soll automatisch der niedrigere Erstattungspreis greifen. Das will die SPD nicht mittragen. „In der Anhörung hat sich gezeigt, dass die Umsatzschwelle nicht geeignet ist, die Ausgaben der Kassen im ersten Jahr nach der Zulassung eines neuen Arzneimittels wirksam zu begrenzen“, heißt es darin. Stattdessen solle geprüft werden, wie „eine rückwirkende Erstattung verwaltungsarm ausgestaltet werden kann“.

Mit Blick auf die Lieferengpässe will die SPD zudem prüfen, „ob die Meldungen der pharmazeutischen Hersteller über Lieferengpässe nicht verpflichtend ausgestaltet werden können und wie dies mit wirksamen Sanktionen flankiert werden kann“. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Kassen, Apothekern, Großhandel und Herstellern über den notwendigen Nachweis der Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln. Der Großhandel will keine rechtsverbindlichen Defektnachweise ausstellen. Kassen hatten aber Apotheker retaxiert, die bei Nichtlieferfähigkeit ein anderes Arzneimittel abgegeben hatten.

Über Lieferengpässe klagten zuletzt immer wieder auch Kliniken. Daher will die Unionsfraktion die Vorratshaltung auf 14 Tage erweitern. Des Weiteren sei eine Pflicht des Herstellers zur Meldung von Lieferengpässen an das BfArM zu prüfen. Bisher gilt hier das Freiwilligkeitsprinzip. Außerdem schlägt die Unionsfraktion eine Verpflichtung der Hersteller „zur angemessenen und kontinuierlichen Bereitstellung von Klinikarzneimitteln“ vor.

Um überteuerten Abrechnungen zu verhindern, will die CDU/CSU-Fraktion die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVP) auch für Arzneimittelabgaben an Privatpatienten durch Krankenhäuser in Kraft setzen. Weil die AMPreisV derzeit nicht gelte, entstünden im Bereich der ambulanten Versorgung mit Zytostatika-Apotheken durch Krankenhausapotheken erhebliche Mehrausgaben. Zuletzt war ein Fall in einer Bremer Klinik bekannt geworden, bei dem die Klinik deutlich höhere Preise für Zytostatika einem Privatpatienten in Rechnung gestellt hatte.

Außerdem will die Unionsfraktion die Ausschreibung von Impfstoffen abschaffen. „Dabei gilt es zu vermeiden, dass durch Verlängerung bestehender Verträge die Streichung umgangen wird. Des Weiteren ist zu klären, wie mit bestehenden Verträgen umgegangen wird“, lautet der Prüfauftrag.

Eine weitere Bitte der Unionsfraktion betrifft die Rabattverträge. Um die Umsetzung in der Apotheke zu verbessern und den Start der Verträge zu erleichtern, sollen Großhändler früher über neue Verträge informiert werden.

Zudem haben sich CDU/CSU und SPD auf neun gemeinsame Änderungsanträge zum AM-VSG verständigt. Darin geht es im wesentlichen um die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel, um das neue Arztinformationssystem und um neue Diagnostika.

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