Kommentar

Abda: Ein Stick für mehr Geld

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Berlin -

Dass das Apothekenhonorar angepasst werden muss, steht außer Frage. Dass sich Apothekerinnen und Apotheker selbst dafür einsetzen müssen, auch. Über das „Wie“ lässt sich streiten. Doch das sieht man bei der Abda anders: Während der Pressesprecher sich bei Facebook einen verbalen Schlagabtausch mit unzufriedenen Kolleginnen und Kollegen liefert, verteidigt die Präsidentin die Aktion als Auftakt in einen bewegten Herbst.

Die Abda hat die nächste Stufe gezündet, die aber leider das Gegenteil von Eskalation ist: Nachdem gerade erst mehr als 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Apotheke ihren Frust und ihre Wut auf die Straße getragen haben, sollen diese Menschen nun Postkarten an ihre Kundinnen und Kunden verteilen und Sympathiebekundungen einsammeln. Mehr Geld durch Herzen also?

Schön wär’s. Von den 100 Expemplaren, die in diesen Tagen an jede Apotheken verschickt werden (Anschreiben, Leitfaden und Datenschutzerklärung inklusive) wird es nämlich keine einzige auf den Schreibtisch von Karl Lauterbach schaffen. Diese werden – trotz des Aufwands, den die Apotheken und ihre Kundinnen und Kunden damit haben – eingesammelt, stichprobenartig (!) gesichtet, selektiert, und dann digitalisiert. Am Ende gibt es einen USB-Stick für den Minister. Das 80er-Jahre-Motiv auf einem 90er-Jahre-Datenträger.

Idee und Umsetzung sind genauso verstaubt wie der Hintergrund in einem neuen Video, mit dem Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Kollegenschaft noch auf die Kampagne einschwören will. „Je mehr von Ihnen mitmachen, desto größer ist der Datenpool der Patientenaussagen. Das können bis zu 2 Millionen werden“, so Overwiening in pastoral anmutender Dringlichkeit.

Dass sich die Abda-Präsidentin in der Pflicht sieht, die Aktion noch irgendwie zu retten: geschenkt. Doch auch ihre Worte können nicht überzeugen: Mit Geschlossenheit habe man es auf das gesundheitspolitische Spielfeld geschafft – und da wolle man bleiben, auch wenn man das eine oder andere Foul aus der Politik einstecken müsse, so der Aufruf, sich zu beteiligen. „Wir stehen auf und machen weiter.“

Genau mit solchen Relativierungen macht die Abda nicht nur die eigene Aktion zunichte, sondern auch den Erfolg, den die Apothekerinnen und Apotheker auf der Straße am Protesttag eingefahren haben. Die Ärzte schreiben den Kanzler an, wenn ihnen der Gesundheitsminister allzu sehr auf den Keks geht. Die Abda nimmt ihrem Berufsstand den Wind aus den Segeln.

Oder gibt es doch noch Hoffnung? Dass die Angst vor der eigenen Courage überwunden wird? Dass Aktionen folgen werden, die der Aufopferungsbereitschaft vieler Kolleginnen und Kollegen würdig sind. Dass die peinliche Sommeraktion nur ein taktisches Manöver war, um demnächst mit umso mehr Mut, Professionalität und Esprit zuzuschlagen.

Overwiening verspricht genau das. „Mit den Aussagen der Patientinnen und Patienten starten wir in einen bewegten Herbst“, so ihre Ankündigung. „Wir verbauen der Politik jede Chance, an der Stärkung der Apotheken vorbeizukommen.“ Man darf gespannt sein, welche Pfeile noch im Köcher sind.

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