Laxantien zerstören Darmflora

Demenzrisiko durch Abführmittel?

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Berlin -

Bei Medikamenten wird stets auf eventuelle Nebenwirkungen hingewiesen. Von einigen weiß man, dass sie das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, erhöhen können. Erst recht dann, wenn diese Medikamente regelmäßig eingenommen werden. Eine Studie zeigt nun Hinweise dafür, dass Abführmittel, neben der Wirkung im Darm, möglicherweise auch ein Risikofaktor für Demenz sind.

Abführmittel werden bekanntermaßen bei Verstopfung oder Darmträgheit eingesetzt und gelten eher als Notfallmaßnahme. Der Einsatz sollte zumindest nicht regelmäßig erfolgen. Durch die Einnahme von Laxantien werden Elektrolyte und große Mengen an Wasser ausgeschieden. Werden diese nicht entsprechend ausgeglichen, kann das gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Und nicht nur das: Der Darm gerät durch die regelmäßige Einnahme in Abhängigkeit der Abführmittel – die Darmträgheit chronifiziert sich.

Über 500.000 Teinehmer:innen

Den Zusammenhang zwischen der Anwendung verschiedener Abführmittel und dem Risiko, an Demenz zu erkranken, analysiert nun eine vorausschauende und populationsbasierte Kohortenstudie. Die Daten von über eine halbe Million Teilnehmenden stammen aus einer Biobank Großbritanniens. Niemand der Freiwilligen, die zwischen 40 und 69 Jahre alt waren, litt zu Beginn der zehnjährigen Studie an Demenz.

Nach Abschluss der Untersuchungen waren es 2187 von ihnen, die an einer Form von Demenz, beispielsweise Alzheimer oder vaskuläre Demenz, erkrankt sind. Auffällig ist, dass es sich vor allem um Proband:innen handelt, die regelmäßig Abführmittel zu sich nahmen. Knapp 20.000 gaben an, an den meisten Tagen der Woche, Laxantien zu konsumieren. 5800 unter ihnen verwendeten nur eine Art von Abführmittel: Hierbei fiel die Gruppe jener Teilnehmer:innen auf, die osmotisch wirksame Abführmittel verwendet hatte.

Erklärungsansatz

Osmotische Abführmittel, auch Osmolaxantien genannt, halten Wasser im Darmlumen zurück, wodurch ein vergrößertes Stuhlvolumen erzielt, und die Peristaltik gefördert wird – beispielsweise bei der Einnahme von Lactulose. Macrogol kann sogar zusätzlich Wasser binden. Schwierig ist, dass eben diese osmotisch wirkenden Abführmittel den Mineralstoff- und Wasserhaushalt stören und somit nachhaltig Probleme für das Darmmikrobiom verursachen. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse „kommunizieren“ Darm und Gehirn. Durch die Einflussnahme auf den Flüssigkeitshaushalt im Darm kommt es zu einer Beeinträchtigung der Produktion jener Neurotransmitter, die für kognitive Funktionen im Hirn unabdingbar sind. Sind diese Botenstoffe nicht ausreichend verfügbar, kann also das Demenzrisiko erhöht sein.

Keine überzeugende Beweisfindung

Die Angaben der Probanden bezüglich ihrer Medikamenteneinnahme lassen sich nicht auf Richtigkeit oder Genauigkeit überprüfen. Ebenfalls nicht aussagekräftig sind die ermittelten Zahlen: 1,3 Prozent der Teilnehmenden, die regelmäßig Abführmittel eingenommen hatten, erhielten eine Demenzdiagnose.

Allerdings können weitere Störfaktoren, die die Untersuchungsergebnisse und das Risiko an Demenz zu erkranken beeinflussen würden, nicht ausgeschlossen werden:

  • Ernährungsgewohnheiten
  • Alkoholkonsum
  • Nikotingebrauch
  • Krankheiten

Der regelmäßige Konsum von osmotisch wirkenden Abführmitteln wurde zwar signifikant mit der Entstehung vaskulärer Demenzen assoziiert, nicht aber mit der Alzheimer-Demenz. Letztlich konnte nicht bewiesen werden, dass Abführmittel das Demenz-Risiko erhöhen, da die Untersuchung keine randomisierte kontrollierte Studie war. Dennoch sollte nicht nur angesichts der Ergebnisse zur Vorsicht im Umgang mit Laxanzien geraten werden.

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