Berlin - Wer bei gesundheitlichen Beschwerden statt zum Arzt erst zum Apotheker geht, zahlt weniger Versicherungsbeiträge – denn der Apotheker nimmt für die Beratung kein Geld. Mit diesem Tarifmodell will eine der größten Krankenversicherungen der Schweiz die Kosten des Gesundheitssystems senken. Der Schweizer Apothekerverband Pharmasuisse begrüßt das Modell, will aber eine Ausweitung.
Bei dem neuen Tarif „Prima Pharma“ handelt es sich um eine Kooperation der Groupe Mutuel, dem nach Versichertenzahl zweitgrößten Krankenversicherer der Schweiz, und dem Pharmahandelskonzern Galenica, zu dem die Apothekenketten Amavita, Sun Store und Coop Vitality gehören. Die Idee dahinter: Patienten mit diesem Versicherungsmodell wenden sich bei gesundheitlichen Problemen zuerst an die Apotheke und diese empfiehlt dann eine medikamentöse Behandlung oder die Überweisung zum Arzt. Damit sollen nicht nur Praxen und Notaufnahmen entlastet, sondern vor allem Geld gespart werden.
Die Apotheker benötigen dafür – im Gegensatz zu anderen Modellen – keine Zusatzausbildung. Der Schweizer Apothekerverband Pharmasuisse äußert sich vorsichtig positiv zu dem neuen Modell: „Grundsätzlich“ begrüße er das alternative Versicherungsmodell. „Es ist kohärent mit den Bestrebungen, die Apotheke als zentrale erste Anlaufstelle in der Grundversorgung zu positionieren“, so der Verband. „Es handelt sich um ein Modell, das Versicherten Prämienrabatte bietet und für sie als Patienten einen Mehrwert in Form von unmittelbarer Behandlung darstellt.“
Auch dass die Zusammenarbeit zuerst exklusiv mit Galenica beschlossen wurde, sei nachvollziehbar. Der Verband fordert aber, dass das nicht so bleibt. Das Modell solle nach einer ersten Test- und Erfahrungsphase auf alle Apotheken übertragen werden können, die gewisse Voraussetzungen erfüllen. „Damit die Bevölkerung auch Vertrauen in solche Dienstleistungen und die Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker hat, ist eine umfassende Gesundheitseinschätzung in Form einer Anamnese nötig.“ Auch dass die Apotheker keine Zusatzausbildung nachweisen müssen, um die Leistung zu erbringen, löst bei Pharmasuisse keine Begeisterung aus. „Ob tatsächlich keine Zusatzausbildungen nötig sind, um in allen Indikationsbereichen zu triagieren, wird sich weisen müssen“, so der Verband.
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