Apothekenbetriebsordnung

Viele Interpretationsspielräume bei QMS

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Berlin -

Erstmals müssen sich alle Apotheken um Qualitätsmanagement kümmern: Mit der neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) wird ein QM-System verpflichtend. Wenn die Novelle wie erwartet im Juni in Kraft tritt, gibt es eine Übergangsfrist von zwei Jahren für die Apotheken, die noch kein QMS haben. APOTHEKE ADHOC sprach mit Wolfgang Erdmann, Leiter der Abteilung Qualitätssicherung und Arzneimittelinformation bei der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) über geforderte Inhalte, Kosten und Tipps bei der Auswahl des richtigen Anbieters.

 

ADHOC: Warum brauchen Apotheker ein Qualitätsmanagement?

ERDMANN: Der Gesetzgeber hat in Paragraph 2 der ApBetrO klare Ziele für das QM in der Apotheke vorgegeben: So soll gewährleistet werden, dass Arzneimittel nach Stand von Wissenschaft und Technik hergestellt, geprüft und gelagert werden, Verwechslungen vermieden werden und ausreichende Beratungsleistung erfolgt.

ADHOC: Was sind die Minimalanforderungen an die Apotheke?

ERDMANN: Eine abschließende Festlegung ist leider nicht möglich, weil die ApBetrO hier Interpretationsspielraum zulässt. Dass ein QMS explizit gefordert wird, spricht dafür, dass dessen zentrale Bestandteile wie ständige Verbesserung, Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen, regelmäßige Selbstinspektion, Fehler- und Beschwerdemanagement, Festlegung der Verantwortlichkeiten und Ermittlung des Schulungsbedarfs vorhanden sein müssen.

ADHOC: Was heißt das für die Apotheken?

ERDMANN: In Paragraph 2a der ApBetrO wird gefordert, dass die betrieblichen Abläufe entsprechend Art und Umfang der pharmazeutischen Tätigkeiten festgelegt und dokumentiert werden. Hier empfiehlt sich eine Orientierung an den QM-Systemen der Landesapothekerkammern – basierend auf der ABDA-Mustersatzung. Denn dort wird der pharmazeutische Kernbereich umfassend abgedeckt. Konkrete Anforderungen an das QM stellt die Novelle in Bezug auf das Apothekenpersonal, das Stellen, das Verblistern und die Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung.

 

 

ADHOC: Wie teuer wird es?

ERDMANN: Zu dieser Frage sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich: Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel ob eine Zertifizierung geplant ist, ob Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden sollen. Außerdem spielt der Anbieter eine Rolle und ob man den Personalaufwand für die Erstellung einrechnet oder nicht.

ADHOC: Was raten Sie den Apothekern?

ERDMANN: Empfehlenswert ist es, bei verschiedenen Angeboten immer die Gesamtkosten bis zur Einführung des QMS beziehungsweise im Falle einer Zertifizierung die Kosten für die gesamte Laufzeit des Zertifikates zu vergleichen. Trotz Sonderangeboten oder Förderbeträgen kann ein anderes Angebot insgesamt betrachtet günstiger sein.

ADHOC: Reicht der Start mit qualifizierten Beratern?

ERDMANN: Das QMS soll zur Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung im pharmazeutischen Kernbereich führen. Empfehlenswert ist es daher, nicht irgendein QMS zu kaufen oder erstellen zu lassen, sondern darauf zu achten, dass dieses den pharmazeutischen Kernbereich vollständig abdeckt, apothekenspezifisch ist und an den Betrieb der Apotheke angepasst gelebt werden kann. Berater beziehungsweise Anbieter des QMS sollten Kompetenzen im pharmazeutischen Bereich haben. Denn beurteilt wird das QMS hinterher nicht von QM-Fachleuten, sondern im Rahmen der Apothekenüberwachung auf seine Eignung für den pharmazeutischen Alltag und die fachliche Richtigkeit.

 

 

ADHOC: Worauf muss man achten?

ERDMANN: Entscheidend für eine Einführung des QM ist, ob praxisrelevante Hilfestellungen für den pharmazeutischen Teil zur Verfügung gestellt werden, etwa in Form eines elektronischen QM-Handbuches mit Beispielen für alle benötigten Dokumente. Es verwundert daher nicht, dass sich beispielsweise unser elektronisches QM-Handbuch derzeit sehr großer Nachfrage erfreut.

ADHOC: Müssen Apotheker ihr eigenes Handbuch schreiben?

ERDMANN: Im Kommentar zum Verordnungsentwurf wird die Möglichkeit erwähnt, ein QM-Handbuch zu kaufen. Dieses muss aber auf alle Fälle an die apothekenspezifischen Besonderheiten angepasst werden und die pharmazeutischen Tätigkeiten nach Art und Umfang in der jeweiligen Apotheke abdecken. Eine Zertifizierung wird in der ApBetrO übrigens nicht gefordert. Damit sind auch keine externen Audits verpflichtend.

ADHOC: Wer überwacht das QM?

ERDMANN: Die Überwachung obliegt der Behörde, die im jeweiligen Bundesland für die Überwachung der Einhaltung der ApBetrO in den Apotheken zuständig ist

ADHOC: Was passiert, wenn man es aus Kosten- und Personalgründen nicht einführt?

ERDMANN: Dies ist eine Angelegenheit der Apothekenaufsicht. Gemäß Paragraph 36 dürfte dies als Ordnungswidrigkeit zu werten sein.

 

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