Hilfsmittelvertrag

BKK muss 31.000 Euro nachzahlen

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Berlin -

Verträge zwischen Apotheken und Krankenkassen werden oft von deren Verbänden abgeschlossen. Auch wenn die einzelne Kasse daher nicht formal selbst Vertragspartner ist, ist sie doch an die Vereinbarungen gebunden. Das hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf klargestellt. Eine Betriebskrankenkasse fühlte sich von dem durch ihren Landesverband geschlossenen Vertrag nicht betroffen und verweigerte einem Apotheker die Bezahlung. Nun muss sie ihm knapp 31.000 Euro nebst Zinsen nachzahlen.

Bis Ende September 2011 galt für die Apotheke ein Hilfsmittelvertrag, auf dessen Grundlage sie die Versicherten der Kasse mit Stoma- und Inkontinenzartikeln versorgte. Bereits im Frühsommer 2011 trat der Apotheker einem anderen Vertrag bei, der 2008 zwischen den Apothekerverbänden Nordrhein (AVNR) und Westfalen-Lippe (AVWL) und dem damaligen Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen geschlossen worden war. Der Kassenverband bestätigte den Beitritt.

Dennoch verweigerte die Kasse die Zahlung an den Apotheker und verwies darauf, dass sie den „alten“ Vertrag gekündigt habe. Durch Kunden erfuhr der Apotheker zudem, dass die Kasse eine neue Vereinbarung mit anderen Leistungserbringern getroffen hatte und diese gegenüber den Versicherten als „Premiumpartner“ bewarb.

Der Apotheker sollte hingegen von der Versorgung ausgeschlossen werden. Ein neuer Hilfsmittelvertrag konnte nicht geschlossen werden und die Kasse lehnte es ab, Hilfsmittel auf Grundlage des Vertrags mit den Apothekerverbänden abzurechnen. Daraufhin versuchte der Apotheker im November 2011, dem Homecare-Vertrag mit den anderen Leistungserbringern beizutreten. Allerdings lehnte die Kasse dies ab. Ein Beitritt zu einzelnen Produktgruppen sei nicht vorgesehen, zudem erreiche die Apotheke nicht die vertraglich geforderte Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung.

Das wollte der Apotheker nicht akzeptieren und wandte sich an das Sozialgericht Berlin. Das trennte den Rechtsstreit: Das SG Köln sollte entscheiden, ob die Apotheke Lieferungen auf Grundlage des Homecare-Vertrages abrechnen kann – das Hauptsacheverfahren läuft noch. Das SG Düsseldorf sollte klären, ob die Abrechnung aus Basis des Apothekenvertrags möglich war.

Schon im Eilverfahren hatte der Apotheker Erfolg: Die Kasse wurde dazu verpflichtet, die Leistungen der Apotheke auf Basis des Apothekervertrags zu vergüten – zumindest bis Ende Juni 2012. Ab Juli, so sieht es der Vergleich vor, der vor dem SG Köln getroffen wurde, gilt zunächst der Beitritt und die Bedingungen des Homecare-Vertrags.

Vor diesem Hintergrund forderte der Apotheker nun vor dem SG Düsseldorf einen Schadensersatz von knapp 31.000 Euro ein. Er warf der Kasse vor, den Vertrag verletzt zu haben, indem sie Leistungen nicht vergütet und andere Leistungserbringer beworben habe. Durch nicht erstattete Hilfsmittellieferungen sei ein Schaden von rund 16.000 Euro entstanden, außerdem sei der Apotheke ein Gewinn von etwa 15.000 Euro entgangen.

Die Richter gaben dem Apotheker recht. Die Kasse argumentierte vergebens, dass für sie keine Bindung an den Apothekenvertrag bestehe. Der Krankenkassenverband habe damals nicht mit ihrer Vollmacht gehandelt – damit sei der Beitritt der Apotheke zu dem Vertrag unwirksam.

Das sahen die Richter anders: Der Apothekenvertrag sei von Oktober 2011 bis Juni 2012 wirksame Vertragsgrundlage geworden. Dabei stützen sich die Richter auf die Argumentation des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) aus dem Eilverfahren. Da der Vertrag galt, hat der Apotheker aus Sicht des SG auch Anspruch auf Schadensersatz. Die Kasse sei verpflichtet, die Apotheke als Hilfsmittellieferant anzuerkennen. Daher stelle es eine Pflichtverletzung dar, dass die Kasse ihre Versicherten angeschrieben habe, um sie auf ihre „Premiumpartner“ umzusteuern.

Aus diesem Grund sei von einem „grob fahrlässigem Verhalten“ der Kasse auszugehen, weil sie die vertraglichen Beziehungen zu der Apotheke leugnete. Dies sei Ursache dafür gewesen, dass sich Versicherte von einem anderen Leistungserbringern beliefern ließen. Hätte die Umsteuerung nicht stattgefunden, wären die Versicherten nämlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als Kunden bei der Apotheke geblieben.

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