Umstrittene Zertifikate

„Dr. Ansay“: Tele-Schnelltests ohne Arztkontakt

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Berlin -

Die kostenlosen Bürgertests kommen zurück. Der Telemedizinanbieter DrAnsay will mit überwachten Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung ein online-Angebot bereitstellen. Firmenchef Dr. Can Ansay startet eine Petition, damit online ausgestellte Selbsttest-Zertifikate überall akzeptiert werden. Der Rechtsanwalt bietet mit AU-Schein.de bereits ein Modell für Online-Krankschreibungen an, das allerdings rechtlich umstritten ist.

Das gilt auch für sein Angebot kontaktfreier Testzertifikate: Die werden ohne ein synchrones Arztgespräch ausgestellt. Patienten führen den Test an sich selbst durch, markieren die Testkassette mit ihrem Namen und Datum und machen dann ein Foto davon. Im Anschluss füllen sie einen Fragebogen aus, in dem sie neben ihren persönlichen Daten angeben, dass sie den Test korrekt durchgeführt haben und ob sie Covid-19-Symptome haben. Die Daten gehen dann verschlüsselt an Privatärzte. Die checken die Angaben samt Foto und bestätigen den Test. Daraufhin wird automatisch eine PDF-Datei erstellt und vom Arzt signiert, die der Patient dann per Mail erhält.

Das Angebot ist kostenlos für die Anwender. „Wir verkaufen keine Daten, machen keine Werbung“, versichert Ansay. „Wir haben die Technologie ohnehin, deshalb war es für uns sehr wenig Aufwand, diesen Service anzubieten. Wir haben damit kaum laufende Kosten und der Arzt braucht nur wenige Sekunden für die Bestätigung. Wir haben genug Einnahmen aus unseren anderen Angeboten, daher mache ich das eher aus Idealismus.“

Die Online-Bürgertests würden nicht nur Aufwand und Ansteckungsrisiken von vor-Ort-Tests vermeiden, sondern sogar jegliche Kosten für Bürger und Staat, lautet Ansays Versprechen. Doch die Politik vermutet eine zu großes Missbrauchspotenzial, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe sie daher abgelehnt. Die Abda kann auf Anfrage keine Angaben dazu machen, ob die Ausstellung von Zertifikaten nach einem überwachten Selbsttest zulässig ist. Im dazugehörigen Leitfaden der Abda wird der Sachverhalt nicht erläutert. Ansay selbst verweist auf die Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV), genauer auf deren §2 Abs. 7c.

Demnach ist ein Testnachweis „ein Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 […] in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch In-vitro-Diagnostika erfolgt ist, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus Sars-CoV-2 bestimmt sind und die auf Grund ihrer CE-Kennzeichnung oder auf Grund einer […] Sonderzulassung verkehrsfähig sind, die zugrunde liegende Testung maximal 24 Stunden zurückliegt“ sowie „von einem Leistungserbringer nach § 6 Absatz 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder überwacht wurde“.

Der promovierte Jurist Ansay verweist nun darauf, dass der Begriff „überwacht“ nicht genauer definiert wurde. Auch wenn ein Arzt das Ergebnis samt Testkassette und Patientenangaben prüft, kann seiner Auffassung nach von einer Überwachung des Tests gesprochen werden. „So wie ich ein Haus mit Polizisten überwachen kann, kann ich es auch mit Alarmanlage. Wir sind die Alarmanlage“, sagt er. Dass das Konzept umstritten ist, liege vor allem daran, dass vielen die gesetzlichen Grundlagen nicht ganz klar seien. „Es gab auch Kritik, vor allem weil Behördenmitarbeiter überfordert waren mit Blick auf die Rechtslage.“

Erfolgreich ist sein Angebot trotzdem: Nach eigenen Angaben werden über DrAnsay täglich rund 10.000 Tests durchgeführt, die Zahl der Kunden liege mittlerweile bei 250.000. Eine selbst durchgeführte Umfrage unter den Nutzern belege, dass das Angebot so gut wie nie missbraucht werde: 98 Prozent der Nutzer gaben darin, dass sie bei der Durchführung alle Vorgaben beachtet haben. 54 Prozent gaben an, mit dem PDF-Zertifikat Zugang zu beschränkten Orten erhalten zu haben, weitere 22 Prozent, dass dies mit dem Ausdruck gelungen sei. Nur 2 Prozent gaben an, dass sie abgewiesen worden seien – und 18,5 Prozent gaben an, dass sie gar nichts vorzeigen mussten. Ansay will nun öffentlichen Druck aufbauen, um die Anerkennung seines Testmodells zu forcieren: Ab Donnerstag sollen die Nutzer auf der Webseite eine Petition per Klick als vorformulierte E-Mail an voreingetragene Empfänger in relevanten Gesundheitsministerien in Deutschland, Österreich und Schweiz senden können, in der die Anerkennung gefordert wird.

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