Infektionskrankheiten

Neue Hoffnung für Hepatitis-C-Infizierte

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Hannover -

Bis zu einer Million Menschen sind in Deutschland mit Hepatitis-Viren infiziert, aber die wenigsten von ihnen wissen davon. Die typische Gelbsucht entwickeln nur ein Drittel der Betroffenen, ein Drittel bemerkt lediglich Grippe-Symptome, ein weiteres Drittel gar nichts. Jedoch kann die chronische Virushepatitis zu Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberkrebs führen und damit tödlich enden. Vor drei Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation WHO deshalb den Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli eingeführt, der auf die Bedrohung aufmerksam machen soll.

Der Leberspezialist Professor Dr. Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) appelliert an Risikogruppen wie Drogenabhängige, Migranten aus bestimmten Ländern sowie medizinisches Personal, sich testen zu lassen. Gleiches gelte für Menschen, die vor 1991 Bluttransfusionen erhalten haben oder häufig operiert wurden. Nur 10 bis 20 Prozent von Hepatitis B und C werde aktuell diagnostiziert, schätzt Manns. Erhöhte Leberwerte würden oft nicht ernst genommen, müssten aber abgeklärt werden.

Das Robert Koch-Institut (RKI) registrierte 2013 in Deutschland insgesamt 691 Hepatitis-B-Fälle, 15 mehr als im Vorjahr. Hepatitis C wurde im vergangenen Jahr laut RKI in 5156 Fällen neu diagnostiziert, 150 mehr als im Vorjahr.

Während Patienten mit einer chronischen Hepatitis B ähnlich wie HIV-Infizierte lebenslang Medikamente nehmen müssen, ist bei chronischer Hepatitis C eine vollständige Heilung möglich.

Seit Jahresbeginn sind zwei neue Wirkstoffe auf dem Markt, die einer größeren Patientengruppe helfen und weit weniger Nebenwirkungen haben als die bisherige Standardtherapie. Die MHH-Mediziner waren an Zulassungsstudien für die neuen Mittel beteiligt. Für Manns ist es eine „unglaubliche, seltene Erfolgsgeschichte der Medizin“, dass die Infektionskrankheit jetzt zu nahezu 90 Prozent geheilt werden könne. Das mache zukünftig rund ein Viertel aller Lebertransplantationen vermeidbar.

Bei der Deutschen Leberhilfe meldeten sich seit Jahresbeginn viele Hepatitis-C-Patienten, die auf die neuen Mittel hoffen. „Es handelt sich um eine Therapie-Revolution“, sagt ein Sprecher der Selbsthilfeorganisation. „Allerdings sind die Arzneimittelkosten noch ein großes Hindernis.“ Für eine 24-wöchige Therapie fallen derzeit Kosten von rund 120.000 Euro an.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte vor kurzem mit knapper Mehrheit dafür gestimmt, dem neuen Wirkstoff Sofosbuvir etwas mehr Zusatznutzen gegenüber den älteren Mitteln zu bescheinigen, als das die Krankenkassen ursprünglich wollten.

Studien zufolge ist Deutschland zwar in der Hepatitis-Forschung führend, bei der Versorgung von Patienten gibt es dagegen Nachholbedarf. Ein Bündnis von Ärzten und Betroffenen-Verbänden hat vor einem Jahr der Bundesregierung einen nationalen Aktionsplan vorgelegt. Weder die systematische Untersuchung von Risikogruppen noch eine Kontrolle von Leberwerten bei Vorsorgeuntersuchungen gehörten hierzulande zum Standard, so die Kritik der Deutschen Leberhilfe.

Ein nationaler Aktionsplan könnte den Nebeneffekt haben, dass Vorurteile abgebaut werden. „Leberkrankheiten insgesamt haben ein Schmuddel-Image und werden mit ,alkoholkrank' gleichgesetzt. Das ist eines der großen Hemmnisse, warum diese Krankheiten nicht häufiger erkannt und behandelt werden“, sagt Manns, der die Deutsche Leberstiftung mitbegründet hat.

Die Organisation suche immer noch nach einem bekannten Repräsentanten. Anders als bei Brustkrebs gebe es in Deutschland bislang keinen Prominenten mit Hepatitis C, der sich dazu bekenne.

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