Emotionaler Brief an Gesundheitsminister

„Herr Lauterbach, Sie schüren Hass und Wut“

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Berlin -

Der Kassenabschlag der Apotheken steigt heute von 1,77 auf 2 Euro. Apothekerin Sylvia Trautmann, Inhaberin der Apotheke Bühlau in Dresden, macht sich Sorgen um die Zukunft ihres Berufsstandes und hat einen emotionalen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verfasst.

Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz werde jede Apotheke durchschnittlich mit 7000 Euro belastet, rechnet Trautmann vor. „Ihre politische Antwort auf den immensen Einsatz der Apotheken in der Pandemie und beim Engpassmanagement nicht lieferbarer Medikamente vernichtet bei allen Apothekenmitarbeitern Deutschlands das Vertrauen in diese Regierung.“

Die Apothekerin findet deutliche Worte: „Wissen Sie überhaupt, dass Ihr verantwortungsloses Gesetz Hass und Wut betroffener Apotheken gegen Sie und ihre Partei schürt, Herr Prof. Lauterbach? Ihre Politik ist Vernichtungsschlag gegen alle Apotheken, der das Apothekensterben krass fördert!“

Trautmann verweist auf das beschleunigte Apothekensterben und sieht als Gründe die zu geringe Honorierung sowie die „unerträglich stark angewachsenen Betriebsrisiken bei der Rezeptabrechnung“, die hohe Warenlager-Vorfinanzierung sowie die Retaxationen der Krankenkassen aufgrund von Formfehlern.

Steigende Betriebskosten

Nur ein einziges Mal sei das Fixum der Apotheken seit 2004 angehoben worden – im Jahr 2013 von 8,10 auf 8,35 Euro. Damit sei die Erhöhung der Betriebskosten in der gleichen Zeit aber nur zu 10 Prozent abgedeckt. „De facto sind die Betriebskostensteigerungen bei der fixen Apothekenvergütung seit 20 Jahren unberücksichtigt geblieben und werden sukzessive durch inflationäre Steigerung der Lohn- und sonstigen Betriebskosten aufgefressen“, so Trautmann.

2023 werde die „apothekenspezifische Inflationsrate“ erneut stark wachsen: die anstehende Tariferhöhung, übertarifliche Zulagen als Folge des Personalmangels, mutmaßlich verdoppelte Energiekosten. Auch die IT-Dienstleister erhöhten die monatlichen Gebühren und die Großhändler verschlechterten die Einkaufskonditionen. Nicht zuletzt führten die Lieferengpässe bei mehreren Hundert gängigen Arzneimitteln zu Mehrarbeit.

„Die vielen kostenfreien Beratungsleistungen der öffentlichen Apotheken im Rahmen der Selbstmedikation werden leider von Ihnen, von Ihrer Partei und der Regierungskoalition sowie von den Krankenkassen vollkommen im Wert für unsere Bevölkerung unterschätzt“, schreibt Trautmann. Sie vermutet, dass die Apotheken hier Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe generieren.

Fixum auf 13 Euro netto

Die Apothekerin fordert von Lauterbach die „endlich überfällige Erhöhung der Apothekenvergütung“ in einem Gesetz. Ihr konkreter Vorschlag: Mindestens 13 Euro netto – mit automatischem Inflationsausgleich und ohne Zwangsrabatt, „damit wir unser pharmazeutisches Personal (circa 90 Prozent Frauen) anständig bezahlen können“.

Abschließend ihre Frage an Lauterbach: „Wollen Sie als erster Gesundheitsminister in die deutsche Geschichte eingehen, der das Apothekensterben wirtschaftspolitisch eingeleitet hat?“

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