Verfassungsbeschwerde

Spargesetz: Kohlpharma scheitert vor Gericht

, Uhr
Berlin -

Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) 2022 auch die Pharmaindustrie zur Kasse gebeten. Zwei Verfassungsbeschwerden dagegen wurden jetzt zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwei Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, eine davon vom Reimporteur Kohlpharma. Verschiedene mit dem GKV-FinStG ergriffene Maßnahmen waren angegriffen worden, darunter der Herstellerabschlag, die Verlängerung des Preismoratoriums, die Regelungen zu Preisabschlägen bei neuen patentgeschützten Arzneimitteln, der Geltungsbeginn des gesetzlich festgelegten Erstattungsbetrags bei erstmaligem Inverkehrbringen eines Arzneimittels mit neuem Wirkstoff und der Kombinationsabschlag.

Die Verfassungsbeschwerden blieben ohne Erfolg. Sie sind laut BVerfG teilweise unzulässig, soweit keine ausreichend substantiierte Grundrechtsverletzung aufzeigt sei, teilweise unbegründet: Die bewirkten Grundrechtseingriffe sind laut BVerfG gerechtfertigt. Insbesondere seien sie angemessen, da das gesetzgeberisch angestrebte Gemeinwohlziel – die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung – in der vorzunehmenden Interessensabwägung jeweils überwiege.

So sei schon die Einschätzung des Gesetzgebers, ohne gesetzliche Maßnahmen käme es zu einer wachsenden Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Kein freier Markt

Das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werde in weiten Teilen nicht durch Marktkräfte gesteuert. „Richten sich Leistungserbringer gegen Kostendämpfungsmaßnahmen, wenden sie sich gegen staatliche Maßnahmen, die nicht ihre eigene Tätigkeit und Leistung auf einem freien Markt betreffen; vielmehr geht es um ihre Beteiligung an dem umfassenden sozialen Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung, das aus Beiträgen der Versicherten finanziert wird und für dessen Funktionsfähigkeit der Staat die Verantwortung trägt. Den Gesetzgeber trifft systembedingt eine besondere Verantwortung für die Kostenstabilität der sozialstaatlich gebotenen gesetzlichen Krankenversicherung, welche ein im Umlageverfahren durch Versicherungsbeiträge finanziertes Gesundheitssystem zur medizinischen Vollversorgung von nahezu 90 Prozent der Bevölkerung ist.“

Außerdem seien die Belastungen zeitlich begrenzt gewesen. „Beeinträchtigungen, die das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreiten, sind in der Zusammenschau nicht erkennbar.“

Komplexität nicht verstanden

Kohlpharma kritisiert, dass das BVerfG die Komplexität des Systems offensichtlich nicht verstehe und daher Plausibilitäten beurteile, die der Gesetzgeber behaupte. „Eine Plausibilitätskontrolle ohne Verständnis ist allerdings nicht möglich. Zudem gibt das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber damit eine Art Freibrief bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit.“

Nach der Logik des Gerichts bestehe nur ein verminderter Vertrauensschutz, wenn der Gesetzgeber diejenigen belasten wolle, die aus seiner Sicht für die Kostensteigerungen besonders verantwortlich seien. „Hier versäumt das Gericht zu prüfen, wie es überhaupt zu Kostensteigerungen kommt und wer dafür verantwortlich ist.“

Die Ausgaben für ärztlich verordnete und vom Patienten benötigten Arzneimittel bewegten sich seit Jahren mehr oder weniger im Rahmen der allgemeinen Preissteigerung und seien auch bei weitem nicht der größte Kostenblock der GKV. Vielmehr seien die stetig gestiegenen Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen und die mangelhafte Deckung von Kosten wie der Leistungen für Bürgergeldempfänger verantwortlich. „All dies ist gesetzlich vorgeschrieben eigentlich aus Steuergeldern gegenzufinanzieren. Diese unzulässige Belastung der GKV darf nicht der Versichertengemeinschaft bestehend aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern aber auch nicht den Leistungserbringern – sei es der Herstellerrabatt oder auch Apothekenabschlag – in Rechnung gestellt werden.“

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch